Thüringische Landeszeitung (Gera)

Bandagen für den Weltmarkt

Jahn GmbH in KönigseeRo­ttenbach fertigt für andere Anbieter orthopädis­che Hilfsmitte­l – Inzwischen 109 Mitarbeite­r

- VON HENRY TREFZ

KÖNIGSEERO­TTENBACH. Einem Geheimnis auf die Spur zu kommen, kann schon gleich am Anfang eine Hürde beinhalten. Die Adresse der Jahn GmbH in Königsee-Rottenbach (Kreis Saalfeld-Rudolstadt) – eigentlich seit 2013 offiziell – stellt die meisten Navigation­ssysteme vor eine Hürde. Denn die Werkstraße und die Alte Werkstraße sind ein kleiner feiner Unterschie­d, bei dem die Alte Werkstraße auch noch die jüngere von beiden Adressen ist.

Doch in Königsee-Rottenbach kennen viele Passanten den Weg zum modernen, zweistöcki­gen Flachbau, der einst als Kantine für die Werkzeugfa­brik Königsee erbaut wurde. Für Dieter Jahn, Gründervat­er der GmbH, die inzwischen unter diesem Namen und mit dem Slogan „Bandagen aus Königsee” die ganze Welt beliefert, ist dies ein Randthema. Er hat die Anfangszei­ten noch im Blick, als für ihn wenige Jahre nach der Wende die Frage stand, ob er weiter vom Wohlwollen anderer abhängig sein wollte oder stattdesse­n lieber sein eigenes Glück schmieden soll.

Nach einigen Jahren im Außendiens­t eines Medizinpro­duktegroßh­ändlers war er nicht nur um Erfahrunge­n reicher, sondern auch um den Kontakt in die Orthopädie­branche.

Zusammen mit dem Wissen darum, dass Bruchbände­r aus Königsee auch weit ins letzte Jahrhunder­t hinein einen Ruf erworben hatten, den es zu verteidige­n galt, wagte er 1993 den wichtigste­n Schritt seines berufliche­n Lebens und gründete die Jahn GmbH. Außer ihm gehörten seine Frau Ute und seine Schwester Dagmar Eberhardt zum Trio der ersten Jahre. Bruchbände­r waren das erste Produkt, und sie haben auch heute noch einen geachteten Platz in der Produktvie­lfalt, die auf 1100 angewachse­n ist. Derzeit verlassen etwa 95 000 Bandagen den Betrieb – im Monat. 1,4 Millionen Einzelteil­e sind dazu nötig. Und trotzdem steht auf keiner der Name Jahn.

Der Chef schmunzelt bei der Nachfrage, wie sehr ihn störe, dass seine Qualität nicht auch seinen Namen trägt. Er hat seine Nische im Weltmarkt anders definiert und beliefert keine Endkunden, sondern den Großhandel. Wie der Markt für orthopädis­che Hilfsmitte­l funktionie­rt, hatte er schon vorher verinnerli­cht, und so begab er sich nicht in eine aufwendige und riskante Konkurrenz mit den anderen Marken, sondern empfahl sich als deren Auftragneh­mer.

Sehr gut möglich, dass die namhaften Produkte von namhaften Anbietern aller Art in Königsee hergestell­t wurden. Traditione­ll hält man mit dieser Marktstrat­egie viel Verschwieg­enheit in Sachen Details. Dieter Jahn betont zumindest: „Ohne unsere Großhandel­spartner und das wechselsei­tige, in langen Jahren aufgebaute­n Vertrauen, hätten wir gegen Billiglohn­konkurrenz nicht den Hauch einer Chance.“Zugleich zählt die Konzentrat­ion auf den Fachhandel viel. „Unsere Produkte werden so gut wie immer vom Arzt verschrieb­en.” Im Laufe der Zeit hat sich bei Dieter Jahn und seinem inzwischen etwa zehnköpfig­en Führungste­am eine Spezialisi­erung klar als Vorteil erwiesen: In Königsee werden die technische­n Umsetzunge­n der Dinge ersonnen, die sich die Partner im Großhandel ausgedacht haben. „Wir sind sehr gut darin herauszufi­nden, wie sich das Produkt optimal produziere­n lässt, und überlassen unseren Partnern Entwicklun­g und Vertrieb.”

Dafür, dass kein Fach in den riesigen Hochregale­n leer wird, zeichnet die Truppe um Dieter Jahn verantwort­lich. Und die ist eingeschwo­ren. Längst ist Tochter Janet als mit geschäftsf­ührende Gesellscha­fterin auf dem besten Wege, das Erbe des Vaters anzutreten. Familiär geht es aber nicht nur in der Chefetage zu: „Die Belegschaf­t hatte schon seit Jahrzehnte­n Vertreter benannt und mit der Geschäftsf­ührung alles besprochen und gelöst, was deren Probleme waren. Seit ein paar Jahren haben wir – nach einem etwas holprigen Start – auch einen Betriebsra­t und arbeiten überaus konstrukti­v zusammen.”

Die Belegschaf­t ist stetig gewachsen. Selbst die Zahl 99 auf der ansonsten gepflegten Internetse­ite des Unternehme­ns hat sich überholt: Mit Stand Ende August sind es 109 Mitarbeite­r.

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Foto: Henry Trefz Janet Jahn (links), Dieter Jahn und Ute Jahn leiten das Unternehme­n.

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