Thüringische Landeszeitung (Gera)
Air Berlin kämpft ums Überleben
Woche der Entscheidungen bei der Fluggesellschaft – Sie soll auf die Hälfte schrumpfen
FRANKFURT. Ryanair-Chef Michael O‘Leary hat es vorausgesagt: Air Berlin implodiert. Der Überlebenskampf der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft wirbelt die gesamte Branche durcheinander und führt zu neuen Allianzen.
Voraussichtlich noch in dieser Woche will Air-Berlin Großaktionär Etihad die hoch verschuldete Firma auf die Hälfte schrumpfen. Rund 40 Flieger werden die Araber voraussichtlich an die Lufthansa los, deren Aufsichtsrat am Mittwoch über die Übernahme von Flugzeugen und Crews mittels Leasing beraten will. Weitere Ferienflieger und die Tochter Niki könnten in einem Gemeinschaftsunternehmen mit der Tui landen, heißt es aus dem Umfeld der Verhandler.
Verbleiben würden mit rund 70 Jets einige Fernstrecken, der Drehkreuz-Verkehr in Berlin und Düsseldorf sowie die Zubringerflüge nach Abu Dhabi – der eigentliche Grund, warum Etihad überhaupt jemals bei den Berlinern eingestiegen ist.
Luftfahrt-Berater Gerald Wissel ist aber auch vom verkleinerten Konzept nicht überzeugt: „Die Europa-Strategie der Etihad ist gescheitert. Mit den Zubringerflügen nach Abu Dhabi wäre auch eine Rumpf-Air-Berlin nicht zukunftsfähig. Etihad handelt nicht strategisch, sondern aus reiner Verzweiflung.“
So ist wohl auch die derzeitige Eile zu verstehen, die verlustreiche Airline aufzuspalten. „Es geht jetzt Schlag auf Schlag“, heißt es in Etihad-Kreisen. Wenn der Lufthansa-Deal am Mittwoch gelingt, solle die Vereinbarung mit Tuifly noch diese Woche spruchreif werden.
Zusätzliche Bewegung kommt von den großen Touristikkonzernen, deren eigene Fluggesellschaften wie Tuifly oder Condor zuletzt mit der mangelnden touristischen Nachfrage in die Türkei und arabische Ziele zu kämpfen hatten. „Thomas Cook und Tui prüfen, ob sie ihre Fluggesellschaften abgeben“, sagt Wissel. „Gut wäre ein unabhängiger FerienflugAnbieter, der diese Flotten auch mit den Flugzeugen von Air Berlin zusammenfasst.“
Zunächst geht aber wohl erstmal nur die Tuifly mit einer AirBerlin-Teilflotte zusammen. Die Partner fänden damit zumindest einen Ausweg aus dem für Air Berlin viel zu teuren LeasingDeal von 14 Tuifly-Boeings samt Personal, der Insidern zufolge mindestens bis 2019 gelaufen wäre. Angesichts der Air-BerlinRekordschulden von zuletzt rund 900 Millionen Euro könnte Tui gezwungen sein, in den sauren Apfel zu beißen – auch um nicht sehr bald von einem Zusammenbruch der Berliner überrascht zu werden. (dpa)