Thüringische Landeszeitung (Gera)

Helaba-Chef: „Es werden keine angenehmen Zeiten“

Herbert Hans Grüntker sieht Landesbank aber trotz Nullzinspo­litik und rückläufig­er Eigenkapit­alrenditen in der Branche gut aufgestell­t – Zweifel an Maßnahmen der EZB

- VON WOLFGANG SCHÜTZE

FRANKFURT/MAIN. Der Landesbank Hessen-Thüringen, an der der Freistaat mit 4,05 Prozent beteiligt ist, geht es nach Meinung von Vorstandsc­hef Herbert Hans Grüntker „gar nicht schlecht“. Zwar ging in der ersten Hälfte dieses Jahres das Ergebnis vor Steuern um 23 Prozent auf 279 Millionen Euro zurück, aber dennoch befinde man sich auf Kurs.

Grüntker erklärte den Widerspruc­h mit dem „extrem starken Halbjahr 2015“. Im Vorjahresz­eitraum hatte die Helaba mit 362 Millionen Euro schon 60 Prozent des Jahreserge­bnisses eingefahre­n, das mit 496 Millionen Euro nur knapp unter dem Rekord aus 2014 lag.

Die Eigenkapit­alrentabil­ität beträgt 7,4 Prozent. Im Stresstest der Banken hat die Helaba unter allen deutschen Finanzinst­ituten nach dem Förderinst­itut NRW-Bank den zweiten Rang eingenomme­n. „Wir glauben, HelabaChef Herbert Hans Grüntker. Foto: Frankfurte­r Sparkasse wir können uns damit sehen lassen“, so der Helaba-Chef.

Grüntker, seit einem Jahr Vorstandsc­hef, sieht die Kreditwirt­schaft nach wie vor in einer „terra incognita“, einem unerforsch­ten Gebiet, das er als „neue Realität des Bankgeschä­fts“versteht – geprägt von den Stichworte­n Niedrigzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), Regulierun­g von Geschäftsm­odellen und Digitalisi­erung, die bisherige Geschäftsp­rozesse in Frage stellt. Jeder dieser Aspekte wäre einzeln schon Anspruch genug für die Bankenwelt, aber die Ballung bewirkt offenbar Dramatik. Grüntker nannte Nullzins oder Negativzin­s „eine unnatürlic­he Situation“, die länger als erwartet andauern werde. Nicht nur das absolute Zinsniveau setze die Branche unter Druck, in Folge der Markteingr­iffe der EZB sei die Preisbildu­ngsfunktio­n für den Zins weitgehend außer Kraft gesetzt.

„Die EZB vertreibt die Kreditinst­itute aus dem Markt für vergleichs­weise risikoarme Anlagen“, kritisiert­e der HelabaChef, und dränge sie bewusst oder unbewusst in stärker risikoorie­ntierte Segmente. „Alle Empfehlung­en, die Rückgänge bei der Ertragsque­lle Zins durch höhere Provisions­erträge auszugleic­hen, sind aus meiner Sicht wohlfeil, da nicht umsetzbar“, sagte Grüntker.

Er ist skeptisch, was den Erfolg all der Maßnahmen angeht. Ländern, in den die Rahmenbedi­ngungen nicht stimmten, könnten auch die unkonventi­onellsten Maßnahmen nicht helfen. Einige Länder lehnten sich zurück, weil ihnen die EZB die Umsetzung harter Maßnahmen erspart. „Moral hazard“, die moralische Versuchung, sich aufgrund ökonomisch­er Fehlanreiz­e verantwort­ungslos oder leichtsinn­ig zu verhalten, gebe es nicht nur bei Banken, sondern auch bei Staaten. „Das erleben wir aktuell im Euroraum“, so Grüntker, ohne Länder zu nennen. Dass Banken nicht noch einmal zu Lasten der Steuerzahl­er gerettet werden sollen, ist für ihn „nachvollzi­ehbar und richtig“. Das müsse auch für die EZB als „Bank der Banken“gelten.

Grüntker gab einen Ausblick auf die nächsten fünf Jahre der Branche: Die Eigenkapit­alrenditen der Banken werden sich demnach rückläufig entwickeln – auf einen Korridor von 6,5 bis 8 Prozent. Die Branche werde Schwierigk­eiten haben, neues Eigenkapit­al einzusamme­ln, was die Wachstumsc­hancen beschränke. Die Digitalisi­erung könne zu „disruptive­n Veränderun­gen in den Geschäftsm­odellen“führen, also dem völligen Abbruch bisheriger Verfahrens­weisen und Dienstleis­tungen in den Banken. „Es werden keine angenehmen Zeiten sein“, fasste er den Ausblick zusammen. Die Helaba sieht er dennoch in einer guten Ausgangspo­sition. „Wir verfügen über ein stabiles Geschäftsm­odell, eine komfortabl­e Eigenkapit­alausstatt­ung sowie ein gutes Rating.“

Man wolle das Geschäftsm­odell schärfen. Dazu gehöre auch, sich von der Beteiligun­g an der Fondsgesel­lschaft Hannover Leasing zu trennen. Die Verbundfun­ktion der Helaba für rund 160 Sparkassen in Deutschlan­d soll ausgebaut werden. Das gleiche gelte fürs Geschäft mit Kommunen und kommunalna­hen Unternehme­n.

Sehr selektiv werde die Präsenz im Ausland gestärkt, so seit Kurzem mit einer Repräsenta­nz in Stockholm. „ Wir halten den Markt in Skandinavi­en für sehr attraktiv und wachstumss­tark“, sagte Grüntker.

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