Thüringische Landeszeitung (Gera)
Kretschmann verteidigt den sauberen Diesel
GrünenPolitiker: Der Automotor ist für die Übergangszeit bis zur Elektromobilität wichtig für den Klimaschutz
BERLIN. Diesel gilt als Hauptverursacher von Feinstaub und Stickoxiden. Experten der Deutschen Umwelthilfe halten sogar Fahrzeuge der Euro-6-Norm für dreckiger als die älteren Modelle. Denn die Motoren wurden so optimiert, dass sie weniger des Klimagases CO2 ausstoßen – ein Vorteil gegenüber Benzinmotoren. Die Folge: Es werden mehr andere Schadstoffe wie Feinstaub und Stickoxide in die Luft geblasen. Die Umwelthilfe fordert deshalb ein Fahrverbot für alle schmutzigen Diesel.
Dagegen hebt der Grüne Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, die Bedeutung von Dieselfahrzeugen im Kampf gegen den Klimawandel hervor. „Der saubere Diesel ist für die Übergangszeit bis zur Elektromobilität von enormer Wichtigkeit für den Klimaschutz“, sagte Kretschmann. „Das sind die besten Verbrennungsmotoren, die wir haben.“
Er bedauerte, dass Stuttgart Fahrverbote für Dieselfahrzeuge verhängt. „Die EU und auch die Gerichte machen uns klare Vorgaben“, sagte er. „Man kann das alles kritisieren, aber hätten wir nicht gehandelt, hätten das die Gerichte für uns gemacht.“Umweltschützer klagen in vielen Städten auf sauberere Luft.
Auch Kretschmann weiß, dass im Verkehr abgastechnisch etwas passieren muss. Er wirbt für einen intensiven Austausch zwischen Autobauern und Politik. „Das Auto wird in den nächsten 15 bis 20 Jahren gewissermaßen neu erfunden werden“, sagte er. „Das ist nicht ohne Risiko und das geht deshalb nur gemeinsam zwischen Automobilindustrie und Politik. Mir geht es um einen Dialog, um Themen wie Elektromobilität, autonomes Fahren, internetbasierte Mobilität.“
Es gehe letztlich darum, einerseits die Anforderungen des Klimagipfels von Paris zu erfüllen und zugleich Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu erhalten, sagte der Grünen-Politiker. Der für April geplante Autogipfel könne nur ein Anfang sein. Kretschmann hatte die Regierungschefs in Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen zu einem Treffen eingeladen – alles Bundesländer, die wie BadenWürttemberg enorm von der Autoindustrie profitieren. Auch die Bundesregierung setzt auf Elektroautos, bis 2030 sollen sechs Millionen unterwegs sein. Das Kundeninteresse ist mäßig: Beim Kraftfahrtbundesamt waren Anfang 2017 45,8 Millionen Autos zugelassen, gut ein Drittel davon Diesel und nur 0,07 Prozent E-Autos. Die Denkfabrik Agora Verkehrswende hat Thesen formuliert, wie sich mehr EAutos auf die Straßen bringen lassen und über die der „Spiegel“berichtet: eine Quote nach chinesischem Vorbild, schärfere Abgasgrenzwerte, ein Ende der staatlichen Subventionen vor allem für Diesel.