Thüringische Landeszeitung (Gera)
Starke letzte fünfundzwanzig Minuten
FußballOberliga: Von einem 0:1Rückstand lassen sich die Geraer nicht beeindrucken und gewinnen gegen den FC Carl Zeiss II noch mit 2:1
Schönere Siege gibt es nicht? Es ist schon ein tolles Gefühl, solch eine Partie nach einem Rückstand noch zu drehen. Jeder hat für den anderen gekämpft. Besonders schön ist, dass es ein Derby war und ich den Jenaer Verantwortlichen zeigen konnte, dass ich noch über ein gutes Niveau verfüge. Hatten Sie nach dem 0:1 noch an eine Wende geglaubt? Warum nicht? Wir hatten schon viele solche Spiele, bei denen es daheim zunächst nicht so gut lief, wir aber durch eine gelungene Aktion wieder zurück gekommen sind. Wie haben Sie das 2:1 erlebt? Zuerst sollte ich die Ecke nach innen bringen. Dann hat Andreas Luck gesagt, dass das diesmal Stanko Cvitkovic erledigen soll. Der Ball kam perfekt auf den linken Fuß von „Lucki“und war drin. Speziell einstudiert war das aber nicht. Das war der vierte WismutSieg in Folge. Wird die Serie langsam unheimlich? Das fühlt sich gut an. Aber auch für uns wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Unser Ziel ist ein einstelliger Tabellenplatz. Nun fährt die WismutElf mit breiter Brust zu Chemie Leipzig. Was ist dort möglich? Wir haben keinen Druck, wollen bestmöglich abschneiden. Sicherlich werden uns viele Fans in Leutzsch unterstützen. Vor dieser Kulisse wird es für uns das Spiel des Jahres. Ich bin ganz entspannt. (Jens Lohse) GERA. „Jetzt mal ein Standardtor – das wäre doch was!“, meinte Wismut-Trainer Carsten Hänsel am Spielfeldrand, als sich Stanko Cvitkovic beim Stand von 1:1 gegen den FC Carl Zeiss Jena II in der 82. Minute das Leder zum Eckball zurecht legte. Als wäre der Fußball-Gott ein Orange-Schwarzer und hätte ihn erhört, kam es so. Den flach nach innen getretenen Standard beförderte der aufgerückte Innenverteidiger Andreas Luck mit der linken Innenseite genau ins Eck — 2:1.
Der Jubel kannte keine Grenzen. Kapitän Frank Müller fing den Torschützen als Erster ein und lief mit ihm Richtung Trainerbank, wo gemeinsam gefeiert wurde, Die restlichen zehn Minuten samt Nachspielzeit überstanden die Geraer ohne Probleme, weil die junge Jenaer Mannschaft niemanden in ihren Reihen hatte, der die Mitspieler nochmals mitreißen konnte. „Lasst den Kopf ruhig unten. Ihr müsst ihn nicht hoch nehmen“, haderte Reserve-Coach Stefan Treitl an der Mittellinie, wohl wissend, dass sich der Gastgeber den vierten Dreier in Folge mit dem größeren Siegeswillen redlich verdient hatte.
„Die erste Halbzeit war stark von der Taktik geprägt. Durch den Rückstand, der so nicht hätte passieren dürfen, waren wir gezwungen, offensiver zu agieren. Die letzten 25 Minuten waren dann der Wahnsinn. Wir haben die Ruhe bewahrt. In unserer derzeitigen Situation gewinnt man solche Spiele“, strahlte Wismut-Trainer Carsten Hänsel auf der Pressekonferenz.
Geras Präsident Volker Fiedler verkündete dann gleich noch, dass der Verein den Vertrag mit Carsten Hänsel und seinem Team um drei Jahre verlängert hat. Sehr realistisch und nüchtern analysierte Jenas Stefan Treitl die Begegnung: „Der Geraer Sieg geht absolut in Ordnung. Die Mannschaft hat in der zweiten Hälfte viel mehr investiert als wir. Wir haben gut angefangen. Die ersten 25 Minuten haben mir gut gefallen. Danach war von unserer individuellen Qualität nicht mehr viel zusehen. Kämpferisch hatte Wismut mehr zu bieten.“
Sehr zäh hatte die Begegnung aus Sicht des Gastgebers begonnen. Gefühlt hatten die Jenaer vor der Pause 70 Prozent Ballbesitz. Doch agierte man meist in die Breite oder – im modernen Fußball-Deutsch – geduldig. Die Zielstrebigkeit im Spiel nach vorn fehlte jedenfalls. Einen Schrägschuss von Florian Giebel konnte der mit Oberschenkel-Problemen kämpfende Wismut-Torwart Sabri Vaizov noch abfausten (7.). Später traf Torjäger Artur Mergel nur das Außennetz (28.). Von den OrangeSchwarzen war in der Offensive gar nichts zu sehen. Man lief oft hinterher, konnte kaum zweite Bälle gewinnen. Nach Wiederbeginn ging Jena II in Führung. Nachdem Sabri Vaizov den Schrägschuss von Morten Timm zur Ecke abgewehrt hatte, war anschließend Marc Andris per Kopfball-Aufsetzer zur Stelle (47.). Florian Giebel hatte kurz darauf den zweiten Zeiss-Treffer vor Augen, verfehlte das lange Eck aber (53.). Ein Gewaltschuss von Florian Schubert aus 25 m, den Gäste-Schlussmann Maximilian Meurer nur abklatschen konnte, ließ dann die Geraer aufwachen. Mit der Nachschuss-Chance konnte der Brasilianer Pedro noch nichts anfangen (56.). Während kurz darauf Dennis Blaser noch geblockt wurde (62.), bewies der beste Wismut-Torschütze wenig später, was ihn derzeit auszeichnet. Eigentlich war die Situation schon verpufft, doch überlief Blaser noch die Jenaer Filip Krstic und Andre Schmidt und überraschte Keeper Maximilian Meurer per Flachschuss aus spitzem Winkel zum 1:1-Ausgleich (71.). Wismut nun mit Oberwasser und großem Selbstvertrauen. Man wollte den Siegtreffer, den der Eckball von Stanko Cvitkovic einleitete. Mit dem Erfolg schoben sich die Geraer auf Platz fünf in der Tabelle nach vorn. „Jungs, wir fahren nächste Woche nach Leipzig“, war während der Schlussphase lautstark von der Tribüne zu hören. Am kommenden Sonnabend gastiert die Wismut-Elf bei Spitzenreiter Chemie Leipzig.