Thüringische Landeszeitung (Gera)
Zwischen Grundschulhof und Studentenküche
Die Band Schnipo Schranke verbindet bei ihrem Auftritt in der Music Hall chansonhafte Klaviermusik mit humorvollen Texten
GERA. Schon der Ansager kündigt an, dass eine umstrittene Band auf die Bühne der Music Hall tritt. Er zitiert die Musikmagazine „Rolling Stone“und „Musikexpress“, die Schnipo Schranke entweder ein lyrisches „GrundschulhofNiveau“oder „überdurchschnittlich pointierte, kluge Texte“attestieren.
Garniere das Ganze noch mit der programmierten Erschütterung bürgerlich geprägter Anstandsstandards, sobald Frauen über Sex, Ausscheidungen und Alkoholexzesse singen – fertig ist der Diskussionsstoff für Feuilleton und Studentenküchen. Aber entscheidend ist letztlich die Bühne, wie einst der nicht minder kontroverse Lyriker Alfred Preißler sinngemäß betonte.
Die Music Hall ist gut gefüllt an diesem Freitagabend. Obwohl der Verdacht irgendwo zwischen all den Leuten im Raum steht, dass ein Teil der männlichen Besucher treu ergeben ihren Freundinnen hierher gefolgt ist. Und so zeigen sich bei den ersten verbalen Ausflügen in die unteren Körperregionen vereinzelt die erwartbaren Reaktionen der Jungen in Karohemdformation.
Doch auf Kopfschütteln folgt munteres Beingeschüttel, vielleicht auch nur den Freundinnen zuliebe. Aber egal. Denn spätestens beim Song „Cluburlaub“haben Daniela Reis, Friederike Ernst und das nur als „Ente“bekannte männliche Bühnenmitglied die Meute gepackt. „Flatrate an der Cocktailbar, Oh, wie schön ist Panama“, singt Reis und erntet tanzende Zustimmung. Denn die chansonhaften Klavierstücke funktionieren auf dem Tanzparkett richtig gut. Leider verliert sich das Set dann in Liedern über nicht erwiderte Liebe und Teenager-Schwärmerei. Erst mit dem Song „Pisse“kommt dann etwas von dem feministischen Aufbegehren gegen überhöhte Hygieneansprüche an das weibliche Geschlecht zurück. Letztlich geht es dort aber auch nur um das Verlassenwerden.
Was bleibt? Ein netter Abend, tanzreich und mit einigen Schmunzlern. Am Ende aber zu harmlos, um wirklich das Prädikat kontrovers zu verdienen.