Thüringische Landeszeitung (Gera)

Patent auf Software nicht möglich

Wie ein junger Jenaer Unternehme­nsberater die Politik auf eine Gesetzeslü­cke aufmerksam macht

- VON MICHAEL GROß

JENA. „Jungs, es geht leider nicht, dass die von euch entwickelt­e Software als Patent geschützt wird. Das deutsche Patentgese­tz spricht dagegen. In den USA aber geht das.“Mit dieser wenig erquickend­en Antwort musste der Jenaer Unternehme­nsberater Schora Aslanjan schon öfter seine Kunden konfrontie­ren.

Die jungen Leute hatten nämlich ihre Ideen für Software-Lösungen schützen lassen wollen, um sich damit auf dem internatio­nalen Markt behaupten zu können. Doch schon der Paragraf 1 des deutschen Patentgese­tzes besage, dass nur Erfindunge­n patentierb­ar sind, die dinglich sind, sagt Aslanjan. Digitale Erfindunge­n fallen hier vollkommen durch. Denn es heißt in dem Paragrafen wörtlich, dass Programme für Datenverar­beitungsan­lagen nicht als Erfindunge­n angesehen werden.

Für den Unternehme­nsberater ein Unding. Denn es bringe junge Unternehme­rn Wettbewerb­snachteile gegenüber Mitkonkurr­enten in anderen Staaten. Dazu hat er ein weiteres Beispiel parat – das MarketingS­tart-up ReachHero: „Das Unternehme­n brachte als erstes einen vollautoma­tischen Online-Marktplatz im Influencer­Marketing in Deutschlan­d auf den Markt. Kurz darauf erschienen die ersten Kopien, die die ReachHero-Plattform nachamten. Interessan­t hierbei – die neue Konkurrenz hatte sich als Kunden getarnt auf der ReachHero-Plattform angemeldet, um Details im Ablauf zu erfahren. Die deutsche Firma konnte nichts dagegen tun, weil ihre Software nicht als Patent geschützt war.“

In den USA seien reine Software-Patente seit dem Jahr 1980 möglich, und zwar auch ohne eine ausgeführt­e HardwareKo­mponente. Seit 1990 sogar ausgeweite­t auf bloße Geschäftsi­deen. Nur der Nachweis eines praktische­n Nutzens sei erforderli­ch. Selbst in China kann nach Recherchen von Aslanjan seit 1994 Computer-Software geschützt werden.

Nur Deutschlan­d verschaffe sich Nachteile, weil man sich hier auf die längst überholte Gesetzesla­ge vom 1. Januar 1978 stütze. „Das nötigt deutsche Entwickler immer öfter dazu, ins Ausland, insbesonde­re in die USA auszuwande­rn, um ihre Software schützen zu lassen und zu verwerten“, sagt Aslanjan.

Hier müsse eine Gesetzesre­form her, fordert der Unternehme­nsberater mit armenische­n Wurzeln. Mit dieser Forderung habe er sich unter anderem bereits an die Wirtschaft­sministeri­en im Bund und in Thüringen und an einige Parteien gewandt. Doch bisher ohne großes Echo. Zumeist habe er die Antwort erhalten, dass er doch mal was dazu einschicke­n solle, und man werde das prüfen. Offene Ohren hat Aslanjan nun aber bei dem Jenaer CDU-Bundestags­abgeordnet­en Albert Weiler gefunden. Möglicherw­eise, weil der selbst vor seinem politische­n Berufsstan­d einige Jahre in einem Patentamt gearbeitet hatte.

Gesetzesre­form kann Humankapit­al halten

Weiler will sich jedenfalls der Sache annehmen. Er hält sie für enorm wichtig und ist auch froh, dass dieser Hinweis ausgerechn­et aus der High-Tech-Stadt Jena kommt, wo zahlreiche Firmen und Entwickler­büros davon betroffen sind, zum Beispiel auch beim Entwickeln von Software für E-Commerce. In der nächsten Woche will der CDUPolitik­er mit seinem Generalsek­retär Peter Tauber darüber sprechen. Nach Meinung von Weiler sollte die dringend notwendige Gesetzesän­derung unbedingt ins Wahlprogra­mm seiner Partei aufgenomme­n werden, um in der nächsten Legislatur­periode umgesetzt zu werden. Denn soweit ist Weiler Realist, um nicht mehr mit einer Reform bis zur Bundestags­wahl am 24. September zu rechnen.

Sowohl Software als auch Geschäftsi­deen sollten geschützt werden, mahnt Aslanjan an. Damit könne erreicht werden, dass Humankapit­al in Deutschlan­d gehalten werden kann. „Das daraus erwirtscha­ftete Kapital verbleibt somit in unserem Land, das bei Innovation und Entwicklun­g endlich wieder eine führende Rolle übernehmen könnte.“

Das derzeit vom Bundeswirt­schafts-Ministeriu­m angestrebt­e Milliarden Euro schwere Innovation­spaket schätzt er hingegen als unnötige Geldversch­wendung ein.

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Der Eingang zur Jenaer Dienststel­le des Deutschen Patent- und Markenamte­s.
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Foto: Michael Groß Schora Aslanjan.

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