Thüringische Landeszeitung (Gera)
Richtig reklamieren
Die gesetzliche Gewährleistung bringt Kunden oft mehr als eine Garantie. Händler und nicht die Hersteller haften zwei Jahre lang
BERLIN. Die neue Kaffeemaschine nach wenigen Wochen kaputt, das Smartphone schon am ersten Tag defekt: Dass Produkte kurze Zeit nach dem Kauf nicht mehr funktionieren, kommt vor. „Ich habe bestimmt Garantie“, freuen sich viele Verbraucher dann. Aber Vorsicht: Garantie ist gut – gesetzliche Gewährleistung in vielen Fällen besser, weil sie Verkäufern im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) vorgeschrieben ist. Die wichtigsten Tipps zum Reklamieren im Geschäft.
„Viele Kunden kennen leider den Unterschied zwischen gesetzlicher Gewährleistung und Garantie nicht. Das macht es Händlern leicht, Reklamationen an den Hersteller abzuwimmeln“, sagt Christian Gollner, Rechtsreferent der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Gewährleistung bedeutet: Der Verkäufer ist gesetzlich verpflichtet, zwei Jahre lang für die Mangelfreiheit von Neuware zum Zeitpunkt der Übergabe an den Kunden geradezustehen. Garantien sind hingegen Verpflichtungen, die Hersteller oder Händler freiwillig eingehen können. Garantieumfang und -bedingungen legen sie nach eigenen Vorstellungen fest.
Ein typischer Reklamationsfall: Der neue Rasenmäher springt zwei Monate nach dem Kauf nicht mehr an. Im Geschäft sagt der Händler: Da liegt ein Garantiefall vor, dafür ist die Herstellerfirma zuständig. „Das ist eine beliebte Masche. Verbrauchern sollte aber klar sein, dass sie eine etwaige Garantie nicht in Anspruch nehmen müssen, sondern zwei Jahre lang ihre gesetzlichen Gewährleistungsrechte haben“, sagt Julia Schmitz, Juristin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Denn laut Gesetz hafte der Händler als Vertragspartner dafür, dass die verkaufte Neuware keinen Mangel aufweist.
Eine Garantie, die der Hersteller – möglicherweise – gegeben hat, schränkt diese gesetzliche Verpflichtung nicht ein. Und ob der Schaden überhaupt von der Garantie umfasst ist, hängt vom Einzelfall ab. „Verschleißteile oder etwa Akkus von Elektronikgeräten sind aus Garantien häufig ausgeklammert, während sie in die gesetzliche Gewährleistung wie alle anderen Teile eingeschlossen sind“, sagt Gollner.
Mangelfrei bedeutet gemäß BGB: Die Ware muss wie vertraglich vereinbart oder so verwendet werden können, wie dies bei Sachen gleicher Art üblich ist. „Ein Toaster sollte also in der Lage sein, zu toasten, und ein MP3-Player sollte Musik abspielen können“, erläutert das Bundesverbraucherschutzministerium auf seinem Portal Wissen-wappnet.de. Wenn der Fotoapparat weniger Megapixel hat als angepriesen oder eine Montageanleitung für einen Schrank nur auf Chinesisch vorhanden ist, könne das ebenfalls ein Mangel sein.
Wichtig ist: Maßgeblich ist der Zustand der Ware zum Zeitpunkt ihrer Übergabe. Wenn der Toaster erst nach längerer Zeit seinen Dienst versagt, kann es deshalb Streit darüber geben, ob der Verbraucher selbst Schuld an dem Schaden ist. Fiel der Toaster dem Kunden etwa mehrfach herunter, sollte er nicht versuchen, den Defekt dem Händler in die Schuhe zu schieben.
Wer die Beweislast trägt, regelt das Gesetz: Zeigt sich der Mangel in den ersten sechs Monaten nach dem Kauf, besteht die Vermutung, dass er schon von Anfang an bestand. „Der Händler muss in diesem Fall beweisen, dass die Ware bei Lieferung in Ordnung war, also keinen Sachmangel hatte, oder der Kunde den Defekt verursacht hat. Damit gilt innerhalb der Sechs-Monatsfrist: Im Zweifel für den Käufer“, erläutert Juristin Schmitz. Nach Ablauf der sechs Monate dreht sich die Beweislast um: Im Streitfall muss der Kunde dem Händler dann beweisen, dass der Fehler schon beim Kauf bestand. „Liegen offensichtliche Konstruktionsfehler oder Materialermüdungen vor, gelingt das dem Verbraucher unter Umständen auch nach sechs Monaten noch. Bei teuren Produkten lohnt es sich gegebenenfalls, ein Sachverständigengutachten in Auftrag zu geben“, sagt Verbraucherschützer Gollner.
Steht fest, dass der Mangel von Anfang an bestand, kann der Kunde wählen: Entweder er lässt sich vom Händler ein Ersatzprodukt geben oder die defekte Ware reparieren. Der Verkäufer kann die gewählte Variante, etwa die Nachlieferung einer neuen Ware, nur ablehnen, wenn sie im Vergleich zur anderen Variante, der Reparatur, unverhältnismäßig teuer wäre. Stets gilt jedoch: „Anfallende Arbeits-, Material-, Versandund sonstige Kosten muss nicht der Kunde, sondern der Verkäufer tragen“, sagt Juristin Schmitz.
Mit einem Umtauschrecht sollte das Gewährleistungsrecht nicht verwechselt werden. Gefällt der gekaufte Pulli zu Hause nicht mehr, kann der Kunde ihn nicht einfach gegen einen anderen umtauschen. Schmitz: „Anders als viele denken, gibt es im stationären Handel einen Anspruch auf Umtausch nicht. Falls ein Händler etwas doch zurücknimmt, geschieht dies allein aus Kulanz.“