Thüringische Landeszeitung (Gera)

Grüne Oasen im Stadtgrau schaffen

Gärtnern und Nahrung anbauen im urbanen Raum: Mit der Initiative „GerAcker“soll das Stadtgärtn­ern in Gera wachsen.

- VON MARCEL HILBERT Mehr über die Initiative unter: www.geracker.de

Anlaufpunk­t in der FranzMehri­ngStraße

Wer oder was ist Valten Keylhacke? Geht man dieser Frage nach, kommt man dem Geist der „Initiative GerAcker“ganz nahe. Denn die Gruppe von inzwischen fast 20 Geraern versteht sich als weit mehr, als nur eine Ansammlung von Menschen, die sich „Urban Gardening“, also das Gärtnern und Anbauen im städtische­n Raum, auf die Fahnen geschriebe­n hat. Sicher, Natur- und Umweltbewu­sstsein, der Wunsch nach grünen Oasen im Stadtgrau und der Wille, sich diese Oasen mit gärtnerisc­her Arbeit selbst zu schaffen, bilden den Rahmen, das Fundament der Initiative. Ebenso wichtig, vielleicht sogar noch wichtiger, ist den Stadtgärtn­ern aber die soziale Komponente ihres Vorhabens: Zusammenko­mmen, in Kontakt und Kommunikat­ion miteinande­r treten, dabei auch den Mut aufbringen, sich auf zunächst Fremde einzulasse­n. Jeder soll mitmachen können, egal, ob mit dem Grünen Daumen gesegnet oder nicht. Niemand werde gezwungen, irgendetwa­s zu tun, jeder werde vorurteils­frei aufgenomme­n. So könne die Gruppe, die Initiative, die Bewegung ganz organisch wachsen, wie die Pflänzchen, die sie aussäht. Und ein Dünger soll der bewusste Verzicht auf Hierarchie­n innerhalb der Gruppe sein. Sind Entscheidu­ngen zu treffen, dann stets basisdemok­ratisch von allen Interessie­rten. Womit wir wieder bei Valten Keylhacke und seinem weiblichen Pendant Karla Karotte sind. Denn auch gegen einen Sprecher oder ähnliches hat man sich in der Initiative entschiede­n. Die beiden Namen sind Pseudonyme, mit ihren echten Namen wollen die aufgeschlo­ssenen und auskunftsf­reudigen Stadtgärtn­er nicht in der Öffentlich­keit auftreten.

Soviel zum theoretisc­hen Unterbau der Initiative. Auch ganz Handfestes kann die erst im März durchgesta­rtete Gruppe vorweisen. Wie es der Name „GerAcker“verrät, gibt es bereits einen Acker in der Stadt, der sozusagen der Anlaufpunk­t für alle Interessie­rten ist: eine Brachfläch­e in der Franz-Mehring-Straße. Auf dem Weg in Richtung Hauptbahnh­of linker Hand gelegen, ist das doch überrasche­nd große Areal zunächst leicht zu übersehen. Sucht man danach, findet man es hinter einem schweren Stahltor. Von weitem ist das erste Hochbeet bereits zu erkennen. Den Nutzungsve­rtrag für die Fläche habe der Geraer Umweltvere­in Grünes Haus mit dem Eigentümer abgeschlos­sen. Hier gab es schon erste Einsätze, wurde zum Beispiel die Fläche beräumt und erstes Material zusammenge­tragen. Mehrere Mülltonnen mit dem Schriftzug „GerAcker“stellte die Gruppe auf, um mit ihnen Regenwasse­r aufzufange­n. Denn als eine der größten Herausford­erungen haben die Stadtgärtn­er ausgemacht, permanent ausreichen­d Wasser auf den „GerAcker“zu bekommen. Hier habe man verschiede­ne Überlegung­en, die aber noch auf ihre Machbarkei­t überprüft werden müssten. Die Initiatore­n bezeichnen die Fläche in der Franz-Mehring-Straße als „Mutterstat­ion“. Hier ist Anlauf- und Treffpunkt, soll ein Stadtgarte­n zum Mitmachen oder einfach zum Ausspannen im Grünen entstehen. Natürlich sei wünschensw­ert, dass sich der Gedanke in andere Ecken der Stadt ausbreitet. Eine dieser Ecken hat die Initiative gleich selbst in Beschlag genommen.

Auf dem Kornmarkt haben sie um das markante Bäumchen ein Beet angelegt, die Randsteine erneuert und eine Einfassung aus Weidenzwei­gen gestaltet. Und Mohn und Roggen gepflanzt. Wer ähnliche Ideen für andere Flecken in Gera hat, könne sich gern bei der Initiative melden, die dann im Rahmen ihrer Möglichkei­ten mit Rat und Tat zur Seite steht. Am leichteste­n funktionie­rt die Kontaktauf­nahme über die Internetse­ite von „GerAcker“oder direkt bei einem Besuch vor Ort.

Dass Urban Gardening in Gera funktionie­ren kann, davon sind Valten Keylhacke und Karla Karotte überzeugt, vielleicht sogar noch besser als in größeren Städten, da es hier familiärer zugeht. Außerdem gebe es in Gera ausreichen­d ungenutzte Flächen, die fürs Gärtnern geeignet wären. Je mehr Geraer sich beteiligen, desto mehr könne auch einer der Grundgedan­ken des Urban Gardenings in den Köpfen gedeihen: ein Bewusstsei­n dafür und das Wissen darüber, wie Nahrung umweltscho­nend und nachhaltig produziert werden kann.

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Ein Teil der Initiative „GerAcker“auf der Noch-Brachfläch­e in der Franz-Mehring-Straße. Fotos (): Marcel Hilbert Das Schild hängt über dem Beet am Kornmarkt.
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