Thüringische Landeszeitung (Gera)
8600 Kilometer für Praktikum
Der Student Dong Yan stammt aus Shanghai und hat sich Gera als Heimat auf Zeit ausgesucht
GERA. Es duftet nach Jasmintee bei Roberto Tamaske, Geschäftsführer der Initialberatung Geratrade GmbH. Eine chinesische Flagge und ein traditionell beschrifteter Fächer schmücken sein Büro und ziehen alle Aufmerksamkeit auf sich.
Mitgebracht hat den Tee Dong Yan, 22 Jahre, Student aus Shanghai. Er flog rund 8600 Kilometer weit für ein Praktikum bei Geratrade. Was treibt den jungen Mann dazu, von einer Metropole wie Shanghai in die für ihn beschauliche 100 000Einwohner-Stadt Gera aufzubrechen? Seit 2013 studiert der junge Mann Bauingenieurwesen mit Schwerpunkt Gebäudetechnik an der Chinesisch-Deutschen Hochschule für Angewandte Wissenschaften der Tongji-Universität in Shanghai. Mit Besonderheit: Dong Yan wird in Deutsch und in Chinesisch unterrichtet. „Seit Beginn meines Studiums lerne ich Deutsch. Einige der Lehrveranstaltungen werden von Dozenten der Fachhochschule Erfurt gehalten – und zwar in Shanghai“, erklärt Dong. Die für ihn letzte Hürde vor dem Studienabschluss „Bachelor of Engineering“ist ein zwölfmonatiges Auslandssemester, das er an der Fachhochschule Erfurt verbringt, mit abschließender Bachelor-Arbeit.
Zum Auslandsjahr gehört unter anderem ein dreimonatiges Pflichtpraktikum. Im Zeitraum von März bis Mai lernt Dong Yan, sein Wissen in der Praxis anzuwenden. „Wir betrachten Dong nicht als Praktikanten, sondern als Gast“, kommentiert Roberto Tamaske. Er hatte schon einige Praktikanten aus verschiedenen Ländern der Welt und weiß die beidseitigen Vorteile einzuordnen: „Es ist immer wieder spannend, andere Kulturen kennenzulernen. Außerdem bereichern wir einander gegenseitig. Dong bringt Fachwissen mit, wodurch wir ihn in wichtige Aufgaben einbinden können. Neben rein fachlichen Dingen geht es um den Anwendungsprozess und das macht er hervorragend.“
Zur täglichen Dienstberatung werden Aufgaben besprochen. Dabei ist Dong Yan in eine Vielzahl von Projekten einbezogen. Die Mitarbeit an Energiesparkonzepten für Unternehmen und Kundengespräche stehen ebenso auf dem Programm wie analytische Prozesse der Datenaufnahme und -auswertung.
Ist das Praktikum beendet, steht für Dong Yan die BachelorArbeit an. Auch hier ist für den Chef klar: „Da wir uns mit Dong sehr wohlfühlen, unterstützen wir ihn gern bei der bald bevorstehenden Bachelor-Arbeit.“
Sein nächstes Ziel hat Dong bereits anvisiert. Er möchte seinen Bachelor-Abschluss durch ein Master-Studium ergänzen. Nur wo, ist noch unklar. „Ich bin noch nicht sicher, ob ich das Master-Studium in Shanghai oder in Deutschland mache. Meine Mama rät mir zu Shanghai, mein Papa tendiert ganz klar zu Europa. Sie diskutieren fast jeden Tag darüber“, sagt der 22-Jährige mit einem Lachen.
Auch kulinarisch hat er sich gut eingelebt im grünen Herzen Deutschlands, die Roster ist für ihn das ultimative Thüringer Fast Food: „Roster schmecken mir gut. Die esse ich zwei bis drei Mal pro Woche.“