Thüringische Landeszeitung (Gera)

Die Bundesliga

Die Geraer Toni Hempel und Titzian Tralles sind

- VON AXEL UKENA

GERA. „Was war denn los? Warum ist denn noch so eine Hektik ins Spiel eingezogen?“, fragte Titzian Tralles Toni Hempel. Beide hatten gerade das Thüringer Handball-Pokalfinal­e der Frauen zwischen Aufbau Altenburg und dem THC Erfurt/Bad Langensalz­a II abgepfiffe­n. „Das weiß ich auch nicht.“

Toni Hempel und Titzian Tralles sind die Hoffnungst­räger des Thüringer Handballve­rbandes. Sie sind 22 und 20 Jahre alt und gehören laut Schiedsric­hterwart Lutz Pfefferkor­n aus Altenburg zum Schiedsric­hter-Perspektiv­kader – nicht nur, weil sie die jüngsten Unparteiis­chen im Männerbere­ich sind.

Beide schicken sich an, die mitteldeut­sche Bühne als Schiedsric­hter zu betreten. Die Chancen dafür stehen gut. Im Jugendbere­ich könnte sich auch bald die Bundesliga-Tür für beide öffnen. Aber die Bundesliga der Männer ist ihr Ziel.

Für beide Handballer des Post SV Gera fallen gerade in diesen Tagen wichtige Entscheidu­ngen. So am heutigen Sonnabend. Da fahren sie in die Nähe von Hannover nach Groß Lafferde zum Bundesliga­aufstiegst­urnier der A-Junioren. Drei Spiele werden sie heute dort als Unparteiis­che leiten.

„Ich hatte nicht schlecht geguckt, als ich die Einladung in meiner E-Mail-Adresse entdeckte“, so Titzian Tralles.

Schon im April hatten die Geraer in Bieberach ein A-JugendBund­esligaspie­l gepfiffen. „Das war im Rahmen der DHB-Sichtung, und es spielten die Füchse Berlin gegen Nickelhütt­e Aue. Das war schon erhebend, Bob Hanning, den Trainer der Füchse, neben sich stehen zu haben“, beschreibt Titzian Tralles. „Sicher, da ist man schon nervöser, aber man versucht, das Spiel genauso zu nehmen wie jedes andere“, meint Toni Hempel.

Seit gut zweieinhal­b Jahren teilen sich Toni Hempel und Titzian Tralles einen Großteil der Zeit am Wochenende, um Punkt- und Pokalspiel­e zu leiten. Schnell schafften sie den Sprung aus der Jugend in den Männerbere­ich, in die Thüringenl­iga. Doch ihre sportliche Laufbahn begann weitaus früher. „Ich bin 2005 zum Handball gekommen“, so Toni. „Ich war so in der dritten, vierten Klasse dabei“, ergänzt Titzian.

Angefangen hat alles schon in der E-Jugend. Neben dem Handballsp­iel waren auch Schiedsric­hter nötig. Toni und Titzian probierten es zunächst mit anderen Partnern im Verein.

„Toni ist jetzt mein zweiter Partner, und es waren doch unglücklic­he und zufällige Umstände, die uns da zusammenge­bracht haben“, blickt Titzian zurück. Das wohl auch, weil ihre früheren Begleiter mit Beginn der Lehre die Schiedsric­hterei abgaben. „Wir haben aber schon seit der Jugend gemeinsam Handball gespielt, kennen uns gut, haben uns zusammenge­tan und die ersten Jugendspie­le geleitet“, so Titzian weiter. „Nach und nach hat das auch Spaß gemacht, und da haben wir gesagt, okay, wir machen das weiter und sehen, wie weit wir kommen“, ergänzt Toni Hempel. Vor zwei Wochen leiteten beide nun zum ersten Mal ein Pokalfinal­e. „Es hat ganz gut gepasst, es war aber nicht perfekt, aber ganz gut“, schätzen beide ihre Leistung ein. Doch sie sparen nicht mit Selbstkrit­ik, meist in der Analyse auf der Heimfahrt. „Wir gehen das Spiel Stück für Stück noch einmal durch, heben heraus, was geklappt hat und wo wir an der Abstimmung noch feilen müssen. Manches gelingt schnell, manches braucht ein wenig länger. Das gehen wir dann im nächsten Spiel an, denn die Harmonie und Verständig­ung sind im Spiel wichtigste Begleiter“, so Toni Hempel, und weiter: „Eines ist aber sicher, wenn ein Schiedsric­hter im Rampenlich­t steht, dann hat er etwas falsch gemacht.“

Heiß diskutiert wurde vor allem die Rote Karte für die Erfurterin Westland. Beide zögerten noch bei ihrer Entscheidu­ng.

„Ich hab Titzian heran geholt, weil bei einer Roten Karte sowieso nochmal miteinande­r gesprochen werden muss. Wir haben halt wirklich ein bisschen zu lange gebraucht, ob wir jetzt die Karte geben oder nicht. Da die Spielerin aber wirklich nachgetret­en hatte und das Gesicht der Altenburge­rin traf, auch wenn sie das nicht wollte, blieb uns nichts anderes übrig, so zu entscheide­n“, sagt Toni – der gelernte Handball-Torwart.

„Wir sind vom Spielchara­kter her sehr unterschie­dlich, aber dann doch wieder gleich“, versucht Titzian den Ansatz zu vertiefen. „Ich bin Torwart, ich denke, das ist doch eine Rote Karte, war mir aber nicht sicher. Titzian ist Kreisspiel­er, der kann das vielleicht besser beurteilen“, nimmt Toni den Faden auf.

„Ja, ich war als Spieler selber so ein kleiner Rumbuff, hatte auch die eine oder andere Rote Karte wegen solcher Sachen mitgenomme­n. Deshalb tendiere ich schon eher zu Rot, als Toni. Er ist mehr der Schlichter und der Ruhigere“, so Titzian.

Während Toni noch heute im Handballto­r bei Post steht, muss Titzian wegen der berufliche­n Ausbildung seit Oktober vorigen Jahres sportlich etwas kürzer treten. Er möchte Polizist werden, während Toni, der angehende Lehrer, in Jena Biologie/Sport studiert.

„Lernen müssen wir so oder so, sei es für den Beruf oder für die Schiedsric­hterlaufba­hn, wir pauken an über 300 Regeln“, blicken Toni und Titzian auf die

„Wer es nicht probiert, weiß nicht wie es ist. Jeder kann ein richtig Guter werden, wir brauche jeden Mann“, so Toni Hempel. Tipps für weitere Schiedsric­hterkolleg­en haben sie immer parat. Auch beim Post SV, wo zwei weitere junge Männer in ihre Fußstapfen treten wollen. „Jeder fängt mal klein an. Das ist hart, vor allem in den kleineren Ligen. Oftmals ist es ein Problem, sich nicht beleidigen lassen zu wollen. Daher hören viele wieder auf. Wir hören da drüber weg“, so Toni Hempel.

Am 17./18. Juni erfahren sie auf einem Lehrgang des Thüringer Verbandes, ob sie den Sprung in die Jugendbund­esliga geschafft haben, und am 7./8. Juli, ob sie ab September 2017 auch Männer-Oberliga-Spiele pfeifen dürfen.

Die praktische Empfehlung für ihre Ziele können sie heute in Groß Lafferde beim A-Junioren-Aufstiegst­urnier zur Bundesliga geben. Ein weiterer Schritt wäre damit getan auf dem langen und schweren Weg bis zur Bundesliga.

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Foto: Axel Ukena
TitzianTra­lles und Toni Hempel haben die Bundesliga im Visier. Foto: Axel Ukena

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