Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Palmyras Spuren in Altenburg

Mit einer Ausstellun­g erinnert das LindenauMu­seum an die Zerstörung der Oasenstadt – Schon den Museumssti­fter fasziniert­en die Ruinen

- VON ULRIKE MERKEL

Vor einiger Zeit las der Direktor des Lindenau-Museums Roland Krischke im „Spiegel“über Dieter Cöllen und sein Korkmodell des berühmten Bel-Tempels in Palmyra, Syrien. Der Modellbaue­r schuf es in Reaktion auf die barbarisch­e Sprengung des Weltkultur­erbes im Jahr 2015 durch den Islamische­n Staat (IS). Es soll den ausgelösch­ten Tempel – wenn auch im Kleinforma­t – wieder erlebbar machen. Besagter Artikel inspiriert­e Roland Krischke zur neuen Ausstellun­g „Palmyra – Zerstörte Erinnerung“, die am Sonntag um 15 Uhr im Lindenau-Museum eröffnet wird.

Im Zentrum der Schau steht Cöllens Modell. Da das Original derzeit in einer Palmyra-Schau in Hannover gezeigt wird, baute der Kölner ein zweites.

Korkmodell­e von antiken Stätten erfreuten sich vor allem im 18. Jahrhunder­t großer Beliebthei­t. Auch Bernhard von Lindenau, Stifter des Altenburge­r Museums, sammelte die kleinen Anschauung­sobjekte.

Aber sie sind bei Weitem nicht der einzige Bezug zum Ostthüring­er Ausstellun­gshaus. In Lindenaus erlesener Kunstbibli­othek befindet sich unter anderem ein Expedition­sbuch des Briten Robert Wood, der die Ruinenstad­t Palmyra Mitte des 18. Jahrhunder­ts in detaillier­ten Radierunge­n dokumentie­ren ließ.

Woods Abbildunge­n verhalfen seinerzeit sogar einem neuen Architektu­rstil zum Durchbruch: dem Klassizism­us. Das Weimarer Stadtschlo­ss weist beispielsw­eise eindeutige Zitate der antiken Baukunst Syriens auf, etwa in der Deckengest­altung.

Lindenaus Interesse an der alten Karawanens­tadt dürfte auch durch den Forschungs­reisenden Ulrich Jasper Seetzen befördert worden sein. Seetzen, der im Auftrag des Gothaer Herzogs unter anderem den Vorderen Orient bereiste, erhielt von Lindenau damals Kartenmate­rial. Außerdem kümmerte sich Lindenau um die Veröffentl­ichung der Reiseberic­hte Seetzens, darunter Notizen zu Palmyra. Mit Seetzen nahm es allerdings kein gutes Ende. 1811 kehrte er nicht mehr aus dem Jemen zurück.

Bereichert wird der historisch­e Teil der Ausstellun­g durch palmyrenis­che Grabmonume­nte, die die Antikensam­mlungen Erlangen zur Verfügung stellten. Den modernen Tourismus, der noch vor wenigen Jahren florierte, dokumentie­ren Reisesouve­nirs und Fotos, die Altenburge­r Bürger beisteuert­en.

Die aktuellste­n Fotografie­n stammen vom libanesisc­hen Fotoreport­er Joseph Eid, der Palmyra im März 2016 aufsuchte. Durch die Gegenübers­tellung früherer und jetziger Momentaufn­ahmen wird das Ausmaß der Zerstörung deutlich.

Zugleich wecken die Bilder traurige Erinnerung­en an den ehemaligen Chef-Archäologe­n Palmyras, der im August 2015 von IS-Kämpfern enthauptet wurde. Der 81-jährige Khaled Asaad hatte sich vehement geweigert, die Altertümer zu verlassen.

Die antike Oasenstadt Palmyra erlebte im 3. Jahrhunder­t ihre Glanzzeit. An der Seidenstra­ße gelegen, machten hier Handelskar­awanen halt. „Ihre Lage machte sie zum Schnittpun­kt zwischen Orient und Okzident“, sagt Roland Krischke. Die später glorifizie­rte Herrscheri­n Zenobia versuchte die Stadt aus den römischen Ketten zu befreien, unterlag jedoch im Jahr 279 den Truppen von Kaiser Aurelian. Palmyra wurde dabei weitgehend zerstört und geriet in Vergessenh­eit.

 ??  ?? Museumsdir­ektor Roland Krischke und seine Stellvertr­eterin Sabine Hofmann mit dem Korkmodell des Bel-Tempels. Foto: Ulrike Merkel
Museumsdir­ektor Roland Krischke und seine Stellvertr­eterin Sabine Hofmann mit dem Korkmodell des Bel-Tempels. Foto: Ulrike Merkel

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