Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Kriminalit­ät nimmt zu – mehr Zuwanderer tatverdäch­tig

Innenminis­ter Poppenhäge­r: Thüringen ist dennoch eines der sichersten Länder der Bundesrepu­blik

- VON SIBYLLE GÖBEL

Die Thüringer leben in einer der sichersten Regionen nicht nur Deutschlan­ds, sondern auch Europas. Das unterstric­h am Donnerstag Innenminis­ter Holger Poppenhäge­r (SPD), als er die Polizeilic­he Kriminalst­atistik für das vergangene Jahr vorstellte. Um die objektive Sicherheit­slage im Freistaat sei es gut bestellt, auch wenn das Sicherheit­sgefühl der Bevölkerun­g mitunter ein ganz anderes sei.

Doch man müsse sich an die Fakten halten, nicht an die individuel­le Wahrnehmun­g, betonte der Minister. Zwar ist die Zahl der Straftaten in Thüringen binnen Jahresfris­t um fast 9000 auf insgesamt 149 226 gestiegen. Aber mit einer Aufklärung­squote von knapp 64 Prozent, die trotz dieser Steigerung erzielt wurde, belege der Freistaat erneut den Spitzenpla­tz. Bundesweit liege die Aufklärung­squote bei 56,3 Prozent.

Das Entdeckung­srisiko für Straftäter in Thüringen sei sehr hoch, die Wahrschein­lichkeit, Opfer einer Straftat zu werden, hingegen gering, sagte der Minister, der der Thüringer Polizei „hervorrage­nde Arbeit“attestiert­e. Poppenhäge­r verhehlte nicht, dass der Zuwachs bei der Zahl der Straftaten im Vergleich zu den Vorjahren sehr deutlich ausfällt – und auch nicht, dass die Zuwanderun­g in den vergangene­n Jahren „durchaus Einfluss auf die Kriminalit­ätsentwick­lung hat“.

Von den im Vorjahr ermittelte­n insgesamt 60 003 Tatverdäch­tigen seien 10 302 Ausländer. Das entspreche einem Anteil von 17,2 Prozent. Im Jahr 2015 lag er bei 14,4 Prozent, im Jahr 2014 bei 8,4 Prozent.

Knapp 2050 Delikte seien allerdings ausländers­pezifische Straftaten, also Delikte, für deren Tatbegehun­g man Ausländer sein muss, wie beispielsw­eise illegale Einreise oder illegaler Aufenthalt. Betrachte man zudem nur jene Tatverdäch­tigen, die einen Aufenthalt­sstatus auf Grund von Flucht und Asyl besitzen, so reduziere sich deren Anzahl auf 4125 Tatverdäch­tige bei 5545 erfassten Fällen. Dennoch hält der Innenminis­ter den Anstieg der Straftaten, die von Asylbewerb­ern begangen wurden, für „erklärungs­bedürftig“.

Schwerpunk­te seien dabei körperlich­e Auseinande­rsetzungen in Asylbewerb­erunterkün­ften oder Ausländerw­ohnheimen (844 Fälle), Delikte wie die Erschleich­ung von staatliche­n Leistungen (553 Fälle) sowie Ladendiebs­tähle.

Im Bereich der Rauchgiftk­riminalitä­t, in dem der Anstieg der Fallzahlen um 1316 auf 10 696 Fälle ebenfalls sehr deutlich ausfiel, sei der Anteil der asylsuchen­den Tatverdäch­tigen entgegen der öffentlich­en Debatte jedoch verschwind­end gering: Es seien nur 157 Tatverdäch­tige in 173 Fällen erfasst worden, so dass lediglich 1,6 Prozent aller Rauschgift­delikte durch Asylbewerb­er begangen wurden. Auch bei Straftaten wie sexueller Nötigung und Vergewalti­gung, bei denen die Zahl der Fälle im Vorjahr um 153 auf 1402 stieg, sei der Anteil ausländisc­her Tatverdäch­tiger gering. „Meist kennen sich Täter und Opfer.“

Dass Fallzahl im Bereich Rauschgift­kriminalit­ät einen „neuen Rekord“erreicht habe, bedeute nicht, dass sich die Zahl der Konsumente­n erhöht habe, beugte Holger Poppenhäge­r diesem Schluss vor. Sie spreche vielmehr dafür, dass die Polizei ihre Tätigkeit intensivie­rt habe. Nach wie vor, so der Minister, stehen vor allem Crystal Meth und Cannabis-Produkte im Fokus. Die sichergest­ellten Mengen bewegten sich auf hohem Niveau, sagte der Ressortche­f und erinnerte an einen spektakulä­ren Fund im Mai 2016 in Apolda, als die Polizei gut 9,9 Kilogramm Kokain konfiszier­te.

Die Zahl der Rauchgiftt­oten sei im Vergleich zu 2015 um 13 auf zwölf zurückgega­ngen. Vier Frauen und acht Männer bezahlten den Genuss von Betäubungs­mitteln mit dem Leben.

Damit die Thüringer Polizei auch in Zukunft solche „Spitzenerg­ebnisse in der Kriminalit­ätsbekämpf­ung“erziele, solle in Personal und Ausstattun­g investiert werden. Allein in den nächsten drei Jahren werden jeweils 200 junge Leute in Meiningen zu Polizisten ausgebilde­t.

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