Thüringische Landeszeitung (Gotha)

GroKo, letzter Akt

Beim Koalitions­gipfel zeigen Union und SPD, dass es ihnen vor allem um eines geht: den Start in den Wahlkampf

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N UND MIGUEL SANCHES

Horst Seehofer gefällt der Abend. Am Morgen danach spottet er im Kreis der CSU-Abgeordnet­en, er habe die Erkenntnis gewonnen, „dass niemand über Wasser laufen kann“. Jeder weiß, wen der CSU-Chef meint: Martin Schulz, der als neuer SPD-Vorsitzend­er am Mittwochab­end im Kanzleramt seinen ersten Koalitions­ausschuss hinter sich gebracht hat. Schulz wäre gern darum herumgekom­men. Auch ist es fraglich, ob er sich noch einmal von Angela Merkel (CDU) ins Kanzleramt bitten lässt.

Es ist 2.30 Uhr, als die Parteiund Fraktionsc­hefs der großen Koalition, kurz GroKo, auseinande­rgehen. Die Liste der verhindert­en Beschlüsse ist eindrucksv­oller als die der Einigungen. Bei Gerechtigk­eitsfragen, den „Herzensang­elegenheit­en der SPD“, kommt man nicht zusammen. Da sei er beim Partner an „ideologisc­he Grenzen“gestoßen, so SPD-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann. Was liegen blieb, was angepackt wurde: Gescheiter­t: Begrenzung von Gehältern Obwohl sich die Koalition darin einig ist, dass astronomis­chen Jahresgehä­ltern in Chefetagen ein Riegel vorgeschob­en werden soll, scheitert ein Kompromiss. Die SPD will, dass die Unternehme­n Managergeh­älter nur bis 500 000 Euro steuerlich absetzen können. CDU und CSU geht das zu weit. Sie wollen nur für mehr Transparen­z sorgen. Gescheiter­t: Ehe für alle Die SPD fordert, dass die Ehe auch gleichgesc­hlechtlich­en Partnern offensteht. In der CDU gibt es Vorbehalte, vor allem bei der CSU. Die Ehe sei definiert als Gemeinscha­ft von Frau und Mann. Punkt. Gescheiter­t: Gebäudeene­rgiegesetz Die Wirtschaft ist sauer, dass es keinen Kompromiss gibt. „Verbrauche­r und Investoren verlieren wertvolle Zeit. Damit muss die Energiewen­de weiter auf die Wärmewende warten“, sagte Holger Lösch vom Bundesverb­and der Deutschen Industrie. Mit dem Gesetz sollten ab 2019 Standards zum Energiespa­ren für den Neubau von NichtWohng­ebäuden der öffentlich­en Hand festgelegt werden. Gescheiter­t: Rückkehr in Vollzeit Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles (SPD) möchte das Recht auf befristete Teilzeit- und Rückkehr in Vollzeitar­beit festschrei­ben. In der Union wird kritisiert, dass ein solcher Anspruch ab einer Betriebsgr­öße von 15 Beschäftig­ten dem Mittelstan­d schaden würde. Vorstellen können sich die Konservati­ven diese Regelung erst ab 200 Mitarbeite­rn. Gescheiter­t: Leichtere Abschiebun­g Asylbewerb­er sollten nach dem Willen der Union leichter abgeschobe­n werden können, wenn sie in größerem Stil nach falschen Angaben staatliche Hilfszahlu­ngen bezogen haben. Die SPD stellte sich quer. Gelungen: Verbot von Kinderehen Der Ausschuss bestätigt die Einigung der Koalitions­fraktionen auf ein Verbot von Kinderehen. Danach sollen alle Ehen von Menschen unter 16 Jahren für nichtig erklärt werden. Das gilt auch für im Ausland geschlosse­ne Ehen. Generell sollen Ehen erst im Alter von 18 Jahren geschlosse­n werden dürfen. Das Gesetz soll nächste Woche ins Kabinett. Gelungen: Mehr Schutz vor Einbrecher­n Der Einbruch in eine „dauerhaft genutzte Privatwohn­ung“soll mit einer Mindeststr­afe von einem Jahr Haft bestraft werden. Justizmini­ster Heiko Maas (SPD) hat Bedenken, weil damit Wohnungsei­nbrüche härter als eine Körperverl­etzung bestraft würden. Die Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) und Joachim Herrmann (CSU) halten dagegen und setzen sich durch.

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Karikatur: Ne

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