Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Asylanträge von Afghanen werden immer öfter abgelehnt
Sicherheitslage im Land verschärft sich – GrüneLandtagsabgeordnete Astrid RotheBeinlich stimmen auch freiwilligen Ausreise nachdenklich
Dass der Freistaat nicht nach Afghanistan abschiebt, hält Astrid Rothe-Beinlich weiterhin für die völlig richtige Entscheidung. „Abschiebungen in Kriegsgebiete sind grundfalsch!“, betont die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Landtagsfraktion im TLZ-Gespräch. Die Lage in dem Land sei „dramatisch“.
Die Abgeordnete stützt sich dabei unter anderem auf einen Ende April veröffentlichten UNBericht. Demnach sind allein von Januar bis März 2017 in Afghanistan 715 Zivilisten und Zivilistinnen getötet und mehr als 1350 verletzt worden. Auch der aktuelle Folter-Bericht des afghanischen UN-Programms Unama belege, dass „exzessive Gewalt auch in den von der Regierung kontrollierten Gebieten“herrsche und diese Regionen regelmäßig nicht als sicher klassifiziert werden dürften. Zudem gehe aus dem nun vorliegenden Afghanistan-Bericht für den USKongress hervor, dass im Vergleich zu Januar 2016 zum Stand vor der Frühjahrsoffensive der Taliban gelte: „Aktuell sind 11 Prozent weniger Distrikte unter Regierungskontrolle oder -einfluss, 6 Prozent mehr Distrikte umkämpft, und 5 Prozent mehr Distrikte unter Kontrolle oder Einfluss der Aufständischen.“
Für Rothe-Beinlich sind das ausreichend viele Beweise dafür, dass Menschen aus Afghanistan eines besonderen Schutzes bedürfen. Doch nicht nur bundesweit ist ein Anstieg der Ablehnungsquote von afghanischen Asylanträgen zu verzeichnen. So erhielten nach ihren Angaben 2014 etwa 80 Prozent, 2015 etwa 83 Prozent und 2016 noch etwa 61 Prozent der asylsuchenden Afghanen einen Schutzstatus. In diesem Jahr betrage die Schutzquote bislang lediglich 51 Prozent. In Thüringen zeigt sich ein ähnliches Bild, wie die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen zeigt. Auch hier ist die Schutzquote zurückgegangen, so dass aktuell nur einer von zwei afghanischen Asylanträgen (1400) positiv beschieden wird. 2016 lag die Quote bei 60 Prozent bei rund 3300 Anträgen. Alles in allem wurden 5128 Erstanträge auf Asyl seit 2014 beschieden, hinzukommen 306 Folgeanträge.
Bislang gibt es in diesem Jahr bereits 650 Klagen gegen die Asylentscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, im gesamten Vorjahr waren es gerade einmal 890 Klageanträge. Dass die Landesregierung keine Aussagen zu Klagen zu minderjährigen Geflüchteten und zur Veränderung der Unterbringungssituation von Asylsuchenden geben kann, „nehme ich bedauernd zur Kenntnis und werde hierzu im zuständigen Bildungsministerium nachhaken“, kündigt Rothe-Beinlich an.
Die meisten der insgesamt 6793 afghanischen Staatsangehörigen in Thüringen lebten zum Stichtag 31. März 2017 dem Justizministerium zufolge in Erfurt (778), Jena (413) und dem Landkreis Eichsfeld (389), die wenigsten in Weimar (111), Suhl (107) und dem Saale-Holzland-Kreis (42). Die Afghanen stellen damit die drittgrößte ausländische Community in Thüringen dar, nach Polen circa 8600 und Syrern 13 000.
„9116 – wenn auch freiwillige – Ausreisen von Thüringen nach Afghanistan stimmen mich angesichts einer sich verschärfenden Sicherheitslage sehr nachdenklich“, sagt Rothe-Beinlich. Auch dass die Landesregierung über keinerlei Erkenntnisse über das weitere Schicksal der Ausgereisten verfüge, gebe ihr zu denken.
„Dass der Freistaat Thüringen nicht nach Afghanistan abschiebt, halte ich für die völlig richtige Entscheidung. Abschiebungen in Kriegsgebiete sind grundfalsch!“ Astrid RotheBeinlich (Grüne)