Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Köstliches Kulturgut
Die Wurst ist ein Stück kulinarische Identität – und ihre Herstellung ein ehrbares Handwerk
D ie Wurst hat noch viel vor. Sie soll zum Weltkulturerbe werden. Und wie man da so steht, mit dem Bratwurstbrötchen im Stadionrund oder am Grill im Garten, denkt man intuitiv, dass das doch ziemlich gut passt. Wurst, das ist ein Stück kulinarischer Identität. So sehr, dass seit Jahr und Tag viele Würste nach ihrem Ursprungsort benannt sind: Frankfurter, Braunschweiger, Nürnberger – und die Thüringer natürlich.
Circa 30 Kilogramm Wurst und Schinken essen wir Deutschen Jahr für Jahr, so viel wie keine andere Nation. Allein in Thüringen wurden im letzten Jahr rund 40.000 Tonnen Bratwurst produziert. Die Bratwurst ist unser Streetfood. Kaum eine Fußgängerzone, die ohne Imbiss, Grillwagen oder Grillwalker auskommt. Brät, das steht im Althochdeutschen für Muskelfleisch, und seit dem Mittelalter ist in Deutschland auch die Grillwurst dokumentiert.
Frische Zutaten und ein Metzger, dem man vertrauen kann
„Eine gute Bratwurst erkennt man am Haltbarkeitsdatum“, sagt Metzgermeister und Fleischsommelier Christoph Grabowski. „Ist die Wurst nur ein paar Tage haltbar, weiß man, da sind nur frische Zutaten drin, frisches Fleisch, frische Kräuter. Für eine gute Wurst braucht es einen vernünftigen Metzger, dem man vertrauen kann.“
Aber Grabowski weiß auch, dass ein Metzger sich erst einmal selbst vertrauen muss. Selbst Handwerksmetzgern wurde auf der Meisterschule zwischenzeitlich beigebracht, Wurstwaren doch besser zuzukaufen; als kleiner Handwerksbetrieb zu wursten sei einfach nicht mehr wirtschaftlich. Und so kamen in die Würste auch keine frischen Kräuter mehr, sondern fertige Gewürzmischungen. Ein bisschen weniger Natur, ein wenig mehr Chemie. „Eine Sackgasse, kulinarisch sowieso, aber auch ökonomisch“, findet Fleischsommelier Grabowski – und hat beobachtet, „dass der Konsument wieder verstärkt zum Handwerker geht“. Den teuren Kugelgrill für 900 Euro und auf dem Rost die Würstchen für 89 Cent – dieses Klischee scheint bald Geschichte zu sein. Darauf hofft auch Wolfgang Müller. Der ehemalige Sternekoch hat gerade das Buch „Wurst und Küche“veröffentlicht, in dem er die Kulturtechnik des Wurstens wieder mehr in die privaten Küchen bringen will: „Nur wer die Wurst selbst macht, der weiß, was drin ist – er merkt aber auch, welche Arbeit im handwerklichen Wursten steckt.“
Und was sollte rein in die Wurst? „Kein Chichi“, rät Fleischfachmann Grabowski,
„Eine gute Bratwurst erkennt man am Haltbarkeitsdatum.“ Christoph Grabowski, Metzgermeister
„frisches Fleisch, frische Kräuter, Pfeffer, Pökelsalz.“Und zum Wursten braucht es kaum mehr als eine leistungsstarke Küchenmaschine mit Fleischwolfaufsatz sowie Naturdarm, den man wie das gute Fleisch beim Metzger des Vertrauens bekommt. Ein gutes Rezept für Wurstanfänger: Jeweils zur Hälfte das gelöste Fleisch einer Schweinshaxe und einer Entenkeule – das Fett der Ente garantiert, dass die Wurst nicht zu trocken wird.