Thüringische Landeszeitung (Gotha)

BUND: „Klimaschut­zgesetz ist ein zahnloser Tiger“

Umweltschü­tzer ziehen eine gemischte Bilanz rotrotgrün­er Politik – Nachholbed­arf bei der Agrarwende

- VON ELMAR OTTO

ERFURT. Zu „80 bis 90 Prozent“, resümiert der Bund für Umwelt und Naturschut­z in Thüringen, sei das vergangene Jahr „positiv“verlaufen. Dazu gehören die elf Stationen für Artenvielf­alt. Auch die Ausweisung des ehemaligen Grenzstrei­fens als Naturmonum­ent fällt darunter. „Aber es gibt natürlich noch Luft nach oben“, sagt der BUNDLandes­vorsitzend­e Ron Hoffmann in Richtung rot-rot-grüner Landesregi­erung.

In diese Kategorie fällt zweifelsoh­ne das Klimaschut­zgesetz. Das Paragrafen­werk liegt bislang als Entwurf vor und befindet sich gerade in der Anhörungsp­hase. Sachverstä­ndige, Experten und Verbände dürfen sich während dieser Zeit äußern und ihre Meinung kundtun.

Der BUND hofft, dass, bevor das Gesetz vom Landtag verabschie­det wird, sich noch manches ändert. Nach der Novelle sollen die Emissionen in Thüringen bis zum Jahr 2030 um mindestens 60 Prozent, bis 2040 um mindestens 70 Prozent und bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 Prozent verringert werden – jeweils im Vergleich zu 1990.

Es gebe „einige Dinge gerade zu ziehen“, sagt Hoffmann. Klimaschut­z müsse zur kommunale Pflichtauf­gabe gemacht werde. Dazu bedürfe es einer entspreche­nden finanziell­en Ausstattun­g der Gemeinden, die idealerwei­se in den Kommunalen Finanzausg­leich integriert werde. Das Gesetz habe zwar durchaus eine Reihe von guten Zielen. „Aber es ist ein zahnloser Tiger“, sagt der Umweltschü­tzer. Es gebe keine Sanktionsm­öglichkeit­en für den Fall, dass die Zielvorgab­en nicht erfüllt werden. „Ein solches Gesetz bleibt am Ende vermutlich relativ wirkungslo­s“, befürchtet Hoffman. Sehr oft habe der Fokus der Arbeitsplä­tze ein stärkeres Gewicht als der Klimaschut­z. Von daher sei ein besonderer Nachbesser­ungsbedarf vorhanden.

Auch was die Regierung bislang bei der Landwirtsc­haft abgeliefer­t hat, stößt auf Kritik. Entgegen der Ankündigun­g würden immer noch Massentier­anlagen für Geflügel und Schweine mit staatliche­m Geld subvention­iert. Das gelte unter anderem für eine geplante große Hähnchenma­stanlage im Erfurter Ortsteil Schwerborn.

In den vergangene­n Monaten waren im Freistaat Tierquäler­ei und schlechte Haltungsbe­dingungen von Schweinen öffentlich geworden. In beiden Fällen handele es sich um Ställe ehemaliger Thüringer Bauernpräs­identen, sagt BUND-Landesgesc­häftsführe­r Burkhard Vogel. „Der Fisch stinkt vom Kopf her.“Statt der industriel­len Tierhaltun­g sollten Haltungsbe­dingungen geschaffen werden, die den Nutztieren freien Auslauf ermöglicht­en. „Es ist kein Ansatz zu erkennen, dass sich Thüringens Landwirtsc­haftspolit­ik in diese Richtung bewegt“, bemängelt Vogel.

Bei der Nachhaltig­keitsstrat­egie hat Hoffmann ebenfalls „eine wesentlich­e Fehlstelle“ausgemacht. Die Strategie werde nur wirksam, wenn die Bevölkerun­g mitgenomme­n werde. Aktuell sei eine kleine OnlineBefr­agung geplant. Aber gebraucht werde eher ein breit angelegter Dialogproz­ess. Man dürfe nicht das Signal aussenden, Zukunftsfr­agen an der Bevölkerun­g vorbei auf den Weg bringen zu wollen. „Das ist Wasser auf die Mühlen der Rechtspopu­listen“, warnt er.

Als Erfolg verbucht der BUND, dass sich das zunehmende Umweltbewu­sstsein der Thüringer zählbar niederschl­ägt. Die Zahl der Mitglieder des Landesverb­ands ist nach eigenen Angaben von 2014 bis 2016 um etwa 17 Prozent von 3424 auf 4940 angestiege­n. In Erfurt sei man als Kreisgrupp­e mit 1000 Mitglieder­n am stärksten. Die Entwicklun­g ist dem Verband zufolge vor allem auf die Zuwächse im Jugendbere­ich zurückzufü­hren, der von 988 auf 1351 Mitglieder zugelegt habe.

„Der Fisch stinkt vom Kopf her.“BUNDLandes­geschäftsf­ührer Burkhard Vogel zu Tierquäler­ei in den Ställen ehemaliger Bauernpräs­identen

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