Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Keiner will die Stromleitung haben
Antragskonferenzen zum Suedlink: Zwischen Hessen und Thüringen gibt es Differenzen über die Route
FULDA/ERFURT. Die Planungen für den Verlauf der umstrittenen unterirdischen Stromtrasse Suedlink sorgen für Diskussionen – nicht nur zwischen Behörde und Bürgern, sondern auch zwischen betroffenen Bundesländern. So bahnt sich zwischen Hessen und Thüringen ein Streit an – beide Länder scheinen den Bau bei sich abwenden zu wollen. Die Trasse soll vorwiegend mit Erdkabeln Strom aus Windenergie von Nord- nach Süddeutschland bringen.
Die Thüringer Landesregierung hat jüngst einen Korridor durch Nord- und Osthessen vorgeschlagen. Infrastrukturministerin Birgit Keller (Linke) sagte, ein Verlauf durch Thüringen widerspreche dem vom Bund geforderten Gebot der Geradlinigkeit, also der Orientierung zwischen den Anfangs- und Endpunkten der Stromtrasse. Das Erdkabel müsse westlich durch Hessen verlaufen.
Mit diesem Vorschlag trifft die Ministerin aber in Hessen auf erhebliche Gegenwehr. „Die Planung der Thüringer ist nicht fachlich und an der Sache orientiert, sondern politisch. Erfurt will sich die Trasse vom Hals halten“, sagte der Fuldaer Landrat Bernd Woide (CDU). Kritik kam auch von hochrangigen Vertretern des Main-KinzigKreises und des Vogelsbergkreises.
Der Netzbetreiber Tennet favorisiert einen Vorschlagskorridor durch Thüringen und sieht in einer Variante durch Hessen nur eine Alternativlösung. Die Entscheidung über einen 500 bis 1000 Meter breiten Korridor, in dem die Leitungen später verlaufen werden, trifft die Bundesnetzagentur. Wo genau der Korridor eines Tages verlaufen wird, ist noch ungewiss.
Die Bundesnetzagentur veranstaltet zu den Bauabschnitten der Nord-Süd-Starkstromleitung Konferenzen. Sie dienen dazu, von den Behörden, anerkannten Vereinigungen und der interessierten Öffentlichkeit Hinweise zu den vorgeschlagenen Korridorverläufen zu erhalten. Die Veranstaltungen sind öffentlich. Die erste der sogenannten Antragskonferenzen in Hessen wird heute in Fulda veranstaltet. Ein weiterer Termin ist am 8. Juni in Bad Hersfeld. Bis Mitte Juli gibt es weitere Treffen.
Die Hunderte Kilometer lange Stromtrasse soll die „Hauptschlagader“der Energiewende werden und Windstrom von Nord- nach Süddeutschland transportieren. Dort werden bis 2022 die noch verbliebenen Kernkraftwerke endgültig vom Netz gehen. Die Suedlink-Leitungen verlaufen von Brunsbüttel in Schleswig-Holstein nach Großgartach in Baden-Württemberg sowie von Wilster in Schleswig-Holstein nach Grafenrheinfeld in Bayern. Die Inbetriebnahme von Suedlink ist ab dem Jahr 2025 vorgesehen. Wo exakt die Stromautobahnen letztlich gebaut werden, wird erst etwa 2020/21 feststehen.
Befürchtungen vor riesigen Strommasten müssen die Menschen in den Regionen nicht mehr hegen. Einer unterirdischen Erdverkabelung wurde Vorrang eingeräumt. Nur in eng begrenzten Fällen ist eine streckenweise Ausführung als Freileitung gestattet.