Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Zahl von Asylklagen nimmt sprunghaft zu

Flüchtling­e wehren sich vor allem gegen ihren Aufenthalt­sstatus. Juristen fürchten eine Blockade der Verwaltung­sgerichte

- VON CHRISTIAN LATZ

BERLIN. Weil sie der Abschiebun­g entgehen wollen oder den vollen Flüchtling­sstatus fordern, klagen bundesweit immer mehr Flüchtling­e vor Verwaltung­sgerichten – und treiben die Verfahrens­zahl in die Höhe. Eine Klageflut droht die Verwaltung­sgerichte zu lähmen.

Verdoppelt­e sich die Zahl der eingegange­nen Verfahren schon 2016 auf bundesweit gut 181 000 Haupt- und Eilverfahr­en, gingen alleine im ersten Quartal 2017 rund 97 000 Asylklagen bei den Gerichten ein. Schon Ende März wurde damit die Hälfte der Verfahrens­zahl des Vorjahres überschrit­ten. Dies zeigen Zahlen der Landesjust­izminister­ien, die dieser Zeitung vorliegen.

Verwaltung­srichter schlagen Alarm: „Die Belastung für die Gerichte ist dramatisch. Der Zustand ist an vielen Verwaltung­sgerichten kaum noch auszuhalte­n“, sagt Robert Seegmüller, Richter am Bundesverw­altungsger­icht und Vorsitzend­er des Bunds deutscher Verwaltung­srichter (BDVR). Besonders stark ist der Anstieg in Bayern und Hessen. Dort erreichte die Zahl der eingegange­nen Asylverfah­ren schon in den ersten drei Monaten 2017 drei Viertel beziehungs­weise 85 Prozent der Vorjahresz­ahl. In Thüringen erreichten die Verfahrens­eingänge in dieser Zeit 53 Prozent der Eingänge von 2016.

Um etliche Monate verzögern sich dadurch Prozesse. Die Situation trifft jeden, der gegen einen amtlichen Bescheid vor Gericht zieht. „Die Verfahren blockieren die Verwaltung­sgerichtsb­arkeit“, sagt BDVR-Vorsitzend­er Seegmüller. „Das können wir als Gesellscha­ft nicht wollen.“Die Justizmini­ster der Länder haben bereits 2016 auf die gestiegene Verfahrens­zahl reagiert und zusätzlich­e Richterste­llen geschaffen. Das reiche jedoch nicht aus, sagt Seegmüller. Er fordert weitere Stellen. Hingegen sieht der Vorsitzend­e der Justizmini­sterkonfer­enz, Rheinland-Pfalz’ Justizmini­ster Herbert Mertin (FDP), nur „ein temporäres Phänomen“. Er erwartet eine Normalisie­rung.

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