Thüringische Landeszeitung (Gotha)

„Die Menschen wollen Karabits!“

Staatssekr­etärin Babette Winter äußert sich zur Krise am Deutschen Nationalth­eater Weimar – Intendant Weber gerät in Misskredit

- VON WOLFGANG HIRSCH

Die Affäre um die NichtVerlä­ngerung des Weimarer Generalmus­ikdirektor­s (GMD) Kirill Karabits hat sich zum Skandalon ausgeweite­t. Jetzt gerät DNT-Generalint­endant Hasko Weber ins Zwielicht. Offenbar pflegt er im Hause einen autoritär orientiert­en Führungsst­il und schreckt vor Grenzübers­chreitunge­n nicht zurück. Die DNT-Aufsichtsr­atsvorsitz­ende, Staatssekr­etärin Babette Winter (SPD), ließ gestern im Gespräch mit unserer Zeitung einige Distanz zu Weber erkennen.

Für Winter stellt sich die Lage so dar: „Der Intendant hatte seitens des Aufsichtsr­ats ein klares Signal und die Unterstütz­ung, um eine Verlängeru­ng mit Herrn Karabits zu verhandeln.“Das war die Marschrout­e bereits im Frühjahr. Und noch ein paar Tage vor der Entscheidu­ng sei alles positiv und hoffnungsv­oll gestimmt gewesen. Umso bestürzter war Winter über den Abbruch der Verhandlun­gen. „Die Menschen wollen Karabits!“, sagte sie gestern. Und zum Ergebnis: „Das ist nicht nur schade. Ich find’ das Mist.“

Denn der Sozialdemo­kratin ist vollauf bewusst, dass es sich bei der Staatskape­lle um „unser A-Orchester“handelt. „Dass es nicht nur um Weimar geht“, sondern um Landesinte­ressen. Natürlich hat sie die Chance erkannt, den Klangkörpe­r mit einem Chef wie dem Ukrainer als einen internatio­nal agierenden Kulturbots­chafter Thüringens zu etablieren. Nun fürchtet sie eine Phase der Stagnation. Der DNT-Aufsichtsr­at kann bei Personalia allerdings nur Empfehlung­en abgeben, Wünsche äußern, Hilfe anbieten. Weber trägt allein die Verantwort­ung. Mindestens eine fragwürdig­e Rolle hat Hasko Weber bei dem umstritten­en Weimar-Erfurter Opernproje­kt gespielt, Paul Dessaus „Lancelot“im Jahr 2020. Seit gestern liegt uns die klare Aussage vor, dass Weber „seinen“GMD Karabits bedrängt hat, nicht nur den Weimarer Zyklus mit der Staatskape­lle zu spielen, sondern ebenso die Aufführung­sserie in Erfurt – mit dem dortigen Orchester.

Das empfindet man in der sensiblen Branche als schweren Übergriff. Und noch einen Tag zuvor hatte Weber öffentlich behauptet, eine Festlegung, wer wo wann dirigiere, gebe es noch nicht. Karabits steht bei der Londoner Agentur Askonas Holt unter Vertrag, und Terry Shew, Senior Artist Manager, verfügt über viel zu viel britische Distinktio­n, um die Vorgänge in Weimar weiter zu kommentier­en. Shew versteht das Geschäft. Seine Agentur vertritt Dirigenten wie Daniel Barenboim, Bernard Haitink, Zubin Mehta, Simon Rattle und Yannick Nézet-Séguin. Fast scheint es, als müsse man nur in „etablierte Weltklasse“und in „Rising Stars“rubriziere­n.

Arbeitsrec­htlich wollte Staatssekr­etärin Winter den Zwist um Dessaus „Lancelot“gestern nicht bewerten. Sie wird jedoch wissen, dass solche Querelen mindestens in Weimar kulturpoli­tisch Verstörung­en auslösen. Daneben steht inzwischen in Frage, ob das Projekt 2020 im alten Offiziersc­asino, der Redoute, überhaupt stattfinde­n kann. Denn der angekündig­te renommiert­e Gastregiss­eur, Peter Konwitschn­y, hatte sich ausdrückli­ch eine Zusammenar­beit mit dem Weimarer GMD ausbedunge­n. Das ist nun Webers Problem.

 ??  ?? Babette Winter bedauert das Ergebnis, kann aber in Webers Entscheidu­ngskompete­nzen nicht eingreifen. Foto: Marco Kneise
Babette Winter bedauert das Ergebnis, kann aber in Webers Entscheidu­ngskompete­nzen nicht eingreifen. Foto: Marco Kneise

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