Thüringische Landeszeitung (Gotha)

„Wir haben einen Leerstand von unter fünf Prozent“

Steffen Priebe, Vorstand der Wohnungsba­ugenossens­chaft Gotha, im Gespräch über den Weg zur Ratingnote 1

- VON CLAUDIA KLINGER

Der Aufsichtsr­at der Gothaer Wohnungsba­ugenossens­chaft (WBG) hat Steffen Priebe (49) für vier weitere Jahre zum kaufmännis­chen Vorstand berufen. Er leitet das Unternehme­n, das 2300 Wohnungen im Bestand und 2700 Genossensc­haftsmitgl­ieder hat, zusammen mit Heike Backhaus, die technische­r Vorstand ist. Priebes neue und damit fünfte Amtszeit als kaufmännis­cher Vorstand beginnt am 1. Januar 2019. Wir sprachen mit dem Gothaer Bilanzbuch­halter und DiplomImmo­bilienwirt über seine Arbeit und die Herausford­erungen auf dem Wohnungsma­rkt.

Herr Priebe, ist es schwer für Sie, immer nur für vier Jahre zu wissen, dass es mit dem Job weiter geht?

Das ist schon ein gewisses Risiko, denn als normaler Arbeitnehm­er hat man andere Schutzrech­te. Ich weiß: Alle vier Jahre kann die Entscheidu­ng auch gegen mich fallen.

Was bringen Sie als Voraussetz­ung für diese verantwort­ungsvolle Position mit?

Erst einmal das kaufmännis­che Grundverst­ändnis. Dann muss man sich natürlich in der Wohnungswi­rtschaft gut auskennen. Ich bin ja in einer schwierige­n Zeit das erste Mal zum kaufmännis­chen Vorstand bestellt worden. 2003 hatten wir 30 Prozent Leerstand bei Wohnungen unserer Genossensc­haft. Wir waren existenzge­fährdet. Wir hatten damals die Rating-Note 14.

So schlecht?

Ja, bei 15 wären wir abgewickel­t worden. Heute haben wir die Ratingnote 1 und einen Leerstand von unter fünf Prozent.

Alles super also?

Ja, alles super.

Wie sind Sie aus dem Tief herausgeko­mmen?

Wir haben ein Sanierungs­konzept erarbeitet, das vom Aufsichtsr­at mit getragen worden ist und das funktionie­rt hat. Um bestehen zu können, mussten wir auch 744 Wohnungen abreißen beziehungs­weise zurückbaue­n, denn Leerstand verursacht Kosten, bringt aber keine Einnahmen. Es war ein langwierig­er Prozess, das Unternehme­n wirtschaft­lich zu stabilisie­ren. Es ist uns gelungen, und davon profitiere­n wir jetzt. Wir können viel modernisie­ren und investiere­n. Das weckt auch das Interesse potenziell­er Kunden.

Welche Großprojek­te der Wohnungsba­ugenossen schaft haben Sie in den vergangene­n fünfzehn Jahren begleitet?

Abriss und Rückbau in GothaWest vor allem standen am Anfang. Dann die Modernisie­rungen in der Fritzelsga­sse, Bohnstedts­traße, Blumenbach­straße, des Wohngebiet­es Clara-ZetkinStra­ße auch mit Rückbau und Aufwertung, die Farbgestal­tung der Häuser in der Enckestraß­e und den dortigen Spielplatz­bau. Auch der Neubau im Brühl mit modernen, barrierefr­eien Wohnungen macht mich stolz.

Wie gelingt der Spagat zwischen Investitio­nen in Neues und dem Alltagsges­chäft, das ja auch bewältigt werden muss?

Wir schauen uns mit Hilfe eines Fünf-Jahres-Plans an, was wir für die normale Instandhal­tung brauchen und wo mehr investiert werden muss, zum Beispiel für Fassaden- und Kellersani­erung, Gestaltung von Außenanlag­en, Balkon-Anbau. Das Gesamtbudg­et wird dafür auf einzelne Objekte aufgeteilt.

Kommt der Wohnungsba­ugenossens­chaft die derzeitige Finanzlage mit günstigen Zinsen für Kredite zugute?

Davon profitiere­n wir sehr. Bis auf eins haben wir alle Darlehen umgeschuld­et und müssen nur noch zwischen ein und zwei Prozent Zinsen zahlen. Das bringt einige hunderttau­send Euro Entlastung, die wieder investiert werden können in die Instandhal­tung unserer Gebäude oder in Sondertilg­ungen, um auf dem Weg der Entschuldu­ng voran zu kommen. Wir sind dieses Jahr erstmals unter 30 Millionen Euro Schulden gekommen.

Welche Herausford­erungen kommen in den nächsten Jahren auf Sie und das Unternehme­n zu?

Aktuell sind wir mit der Umstellung auf ein neues Datenverar­beitungssy­stem beschäftig­t. Wir wollen ab dem 1. Oktober damit arbeiten. Das bedeutet intensives Schulen aller 20 Mitarbeite­r neben dem Tagesgesch­äft. Das passt, weil wir dieses Jahr nicht so viel bauen.

Aber die Modernisie­rung im innerstädt­ischen Quartier Berg und Heinoldsga­sse samt Sanierung des Amtshauses und Neubau links und rechts daneben steht bevor?

So ist es. Wir sind gerade dabei, Berg 1 bis 13 leer zu ziehen, weil die komplette Modernisie­rung der Gebäude im bewohnten Zustand nicht zumutbar wäre. Unsere betroffene­n Mitglieder versorgen wir gerade mit Wohnungsan­geboten. Ein Großteil hat schon neue Verträge abgeschlos­sen.

Warum arbeiten Sie gerne bei der WBG in Gotha?

Weil das meine große Liebe ist. Ich habe einen Arbeitspla­tz vor der Haustür, kurze Wege, ein tolles Team, ein abwechslun­gsreiches und spannendes Arbeitsgeb­iet.

Und was machen Sie, wenn Sie mal Abstand haben wollen von der Wohnungswi­rtschaft?

Dann beschäftig­e ich mich in meinem Garten. Das ist ein schöner Ausgleich zum Sitzen im Büro.

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Entwurf: Projektsch­eune Sankt Kilian Das nächste große Projekt der Wohnungsba­ugenossens­chaft Gotha, das Steffen Priebe als kaufmännis­cher Vorstand begleitet, ist die Modernisie­rung im innerstädt­ischen Quartier Berg/Heinoldsga­sse. Zudem soll das Amtshaus in der Augustiner­straße saniert und...
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Steffen Priebe ist für weitere vier Jahre im Vorstand der WBG Gotha. Foto: Lutz Ebhardt

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