Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Musikalische Huldigung für eine junge Königin
Kinderchor, Handglockenspieler und zwei Kirchenmusiker gratulieren zum Orgeljubiläum
Gemeinsam schaffen Martin Hesse an der Jubiläumsorgel und Matthias Eichhorn mit seinem Handglockenchor ein einprägsames musikalisches Erlebnis. Im Hintergrund wartet KMD Goldhardt auf seinen nächsten Auftritt. Foto: Dieter Albrecht
Für die Augustinergemeinde war es ein ganz besonderer Tag: Am Mittwoch war es genau 25 Jahre her, dass die von den Orgelbauern Rudolf Böhm aus Gotha und Gerhard Schmid aus Kaufbeuren in den historischen Prospekt von 1692 eingebaute neue Orgel geweiht wurde. Mit ihren 49 Registern für vier Manuale und Pedal gehört sie zu den größten Thüringens. Dem Jubiläum waren zwei Veranstaltungen gewidmet: ein Kinder-Singspiel am Nachmittag und ein Konzert für Orgel und Handglocken am Abend.
Das Nachmittagskonzert gestalteten die Jüngsten der „Lebensgeister“, des Kinderchors der Evangelischen Grundschule – 45 Erst- und Zweitklässler. Ins Leben gerufen hatte den Chor Kirchenmusikdirektor (KMD) Jens Goldhardt. Gemeinsam mit Schulleiterin Susanne Fiedler und Lehrerin Silke GeutebrückZeyßig leitet er den Kinderchor.
Um die hauptsächlich jungen Zuhörer mit der „Königin der Instrumente“bekannt zu machen, gestalteten die beiden Lehrerinnen zu Beginn einen Dialog: Die eine stellte sich unwissend, während sich die andere bemühte, Nichtwissen in Wissen zu verwandeln. Den Dialog der beiden unterstützte Goldhardt mit Klangbeispielen verschiedener Pfeifenregister, die je unterschiedliche Klangfarben hervorbringen.
Im Mittelpunkt des Programms stand ein Singspiel mit dem Titel „1000 Farben hat die Welt“, in dem Texte von Rita Mölders und Dorothe Schröder sich mit Liedern des Komponisten Reinhard Horn abwechselten. Irgendwie passte das Singspiel zum Thema Orgel, verfügt doch auch die über viele (Klang)farben.
Am Abend gratulierte der von Matthias Eichhorn geleitete Handglockenchor auf seine Weise zum 25. Orgelgeburtstag. Selbstverständlich stand hier die Orgel an exponierter Stelle: In allen Handglocken-Kompositionen ließ der Geraer Kantor Martin Hesse sie eine entscheidende Rolle spielen. Zudem ließ Goldhardt das Instrument dreimal solo erklingen. Dem Anlass des Konzerts angemessen, erklang beinahe durchgehend Musik prachtvoll-festlichen Charakters. Dazu hatte Goldhardt zwei barocke Werke ausgewählt – ein Präludium von Georg Böhm und ein Variationswerk von Johann Sebastian Bach. Einen besonderen Stellenwert hatte er seinem dritten Solo zugemessen: Er improvisierte unter dem Motto „Frieden“über drei wichtige Themen der drei großen abrahamitischen Religionen – das islamische „Salam alejkum“nach einer Melodie von Tobias Escher, das traditionelle jüdische „Hevenu Shalom Alechem“und Martin Luthers Choral „Verleih uns Frieden gnädiglich“. In hellem Diskant über einem Orgelpunkt umkreisten melodische Ornamente die Haupttöne des orientalischen Gesangs; die jüdische Melodie mündete in eine Freilach-typische fröhliche Ausgelassenheit; der Luther-Choral kam mit mächtigen Bässen daher. Natürlich demonstrierte Goldhardt auch die höchste Stufe des Improvisierens, indem er eine Fuge intonierte.
Dafür gab es ebenso wie für das vorausgegangene „Concertante“von Donald Allured (1922-2011), in dem der unglaublich sanfte, samtweiche Klang der Handglocken auf den sieghaft strahlenden Orgelklang traf, spontanen Beifall.
Dass das denkwürdige Konzert nicht ohne Zugabe abging, mit dem sich die Musiker bei den Hörern bedankten, versteht sich von selbst.
Festliche Klangpracht von Orgel und Glocken