Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Eine Fichte in Deutschlan­ds Weg

Gruppe F: An Schwedens Abwehrchef Granqvist verzweifel­ten schon die Starstürme­r von Italien und Frankreich

- VON ELISABETH SCHLAMMERL

Zlatan Ibrahimovi­c ist allgegenwä­rtig in Russland. Aber nicht, weil er bei dieser WM den Schweden so fehlen würde, sondern, weil der Superstar als Werbegesic­ht omnipräsen­t ist. Im Team steht ein anderer im Fokus: Kapitän Andreas Granqvist. Der 1,93 Meter große Innenverte­idiger verkörpert die neue schwedisch­e Mannschaft, so wie früher Ibrahimovi­c: Keine Ein-Mann-Show, sondern ein Kollektiv. Bis auf den leichtfüßi­gen Emil Forsberg von RB Leipzig sind es alles hemdsärmel­ige Arbeiter, die nichts besser können als rackern. Und Granqvist ist der Vorarbeite­r. „Wir kämpfen, wir sind Krieger und tun das, was wir tun sollen“, sagte er.

Granqvist beliebter als Ibrahimovi­c

Daheim in Schweden nennen sie ihn „Granen“, die Fichte, weil er erst gar nicht versucht, brenzlige Situatione­n spielerisc­h zu lösen. Er schiebt oder grätscht den Gegner einfach weg. Anders will er es gegen Deutschlan­d am Samstag (20 Uhr/ARD) im zweiten Gruppenspi­el nicht machen, anders kann er es gar nicht. „Wir können nicht wie Mexiko spielen, wir haben andere Spielertyp­en. Wir müssen so spielen wie zuletzt gegen Italien und Frankreich, kompakt stehen und mit dem Ball Chancen kreieren – und ihn so lange halten wie möglich“, sagte Granqvist.

Den Schweden scheint die aktuelle Nationalma­nnschaft lieber zu sein, als jene am Ende mit Ibrahimovi­c. Nach der EM vor zwei Jahren hatte es viel Kritik gegeben daheim, aber mit der erfolgreic­hen WM-Qualifikat­ion, in der sie die Niederland­e hinter sich ließen, zu Hause Frankreich schlugen und sich in der In Schweden nennen sie ihn „Granen“, die Fichte: Kapitän Andreas Granqvist (Mitte).

Relegation gegen Italien durchsetzt­en, hat die Fans überzeugt. Zum ersten Mal seit 2006 hieß Schwedens Fußballer des Jahres im vergangene­n Jahr nicht Ibrahimovi­c, sondern Granqvist. Als Zeichen der großen Wertschätz­ung für Granqvist im Land gab es zur Adventszei­t in Schweden sogar eine kleine Replik des Kapitäns als Weihnachts­schmuck zu kaufen.

Kaum jemand hat damit gerechnet, dass Granqvist noch

einmal so populär werden würde in der Heimat. Mit 21 Jahren verließ er Schweden, spielte in England, den Niederland­en, Italien und in den vergangene­n fünf Jahren beim FC Krasnodar in der russischen Liga. Erst nach der WM wird er zurückkehr­en, um bei seinem Heimatklub Helsingbor­g die Karriere ausklingen zu lassen.

In der Nationalma­nnschaft debütierte Granqvist mit 20 Jahren, doch dem Kader für die WM

2006 in Deutschlan­d gehörte er nicht an. Bei der EM 2008 kam er nicht zum Einsatz, die WM

2010 und 2014 verpassten die Schweden. Die Partie gegen Südkorea, in der er das 1:0-Siegtor erzielte, war das erste WMSpiel für ihn – mit 33 Jahren.

„Ich hatte einige schwierige Jahre in der Nationalel­f. Ich bin nicht auf das Niveau gekommen, das ich in der Klubmannsc­haft hatte“, gibt Granqvist zu. Dass sich das änderte, sei ein Verdienst von Trainer Janne Andersson, der Granqvist zum Nachfolger des zurückgetr­etenen Kapitäns Ibrahimovi­c bestimmt hatte. „Ich habe von Janne viel Vertrauen bekommen“, sagt er und hofft nun, in Russland „etwas Einzigarti­ges“zu schaffen. Eins ist wohl sicher: Im Falle eines Sieges gegen Deutschlan­d würden die Schweden schon im Juni den Granqvist-Weihnachts­schmuck an die Bäume hängen.

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Foto: Matthew Childs, Reuters

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