Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Der deutschest­e der deutschen Fürsten

Jubilar des Monats: Zum diesjährig­en Doppeljubi­läum von Herzog Ernst II. von SachsenCob­urg und Gotha (18181893)

- VON MATTHIAS WENZEL

Wie bereits im Kalenderbl­att für den Monat Juni berichtet, fand im Juni 1993 anlässlich des Gedenkjahr­es zum 175. Geburtstag und 100. Todestag von Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha eine gemeinsame Herzog-Ernst-Ehrung der Städte Gotha und Coburg statt. Ein Vierteljah­rhundert später ist es dagegen in den einstigen Schwesters­tädten etwas ruhiger geworden.

In der Landesbibl­iothek Coburg kann seit gestern die Ausstellun­g „In Ehrfurcht gewidmet“mit Exponaten aus der privaten Büchersamm­lung des Herzogs besichtigt werden. Ein Festakt findet am 28. September im Riesensaal des Schlosses Ehrenburg statt. In Gotha wird dagegen erst am 28. Oktober die Kabinettau­sstellung „Auf Expedition nach Afrika“im Herzoglich­en Museum eröffnet.

Erbprinz Ernst August Carl Johannes Leopold Alexander Eduard wurde vor 200 Jahren am 21. Juni 1818 als ältester Sohn des damaligen Herzogs Ernst III. von Sachsen-Coburg-Saalfeld

(1784-1844) und der aus Gotha stammenden Herzogin Luise

(1800-1831) auf Schloss Ehrenburg in Coburg geboren.

„Seine früheste Jugend wurde dadurch getrübt, daß zwischen seinen Eltern allerlei Mißhelligk­eiten entstanden, welche im Jahre 1826 zu einer Lösung der Ehe führten. Wie zu Idealgesta­lten blickte er zu seinem Vater und seinem Oheim Leopold, dem späteren König der Belgier, auf und mit rührender Liebe hing er an seinem einzigen Bruder Albert, dem nachmalige­n Prinz-Gemahl von England. Der Vater selbst überwachte gewissenha­ft die Erziehung, welche ein treuergebe­ner Diener des herzoglich­en Hauses, der Rath Florschütz leitete.“ Dies schrieb der Seminarleh­rer Max Berbig (1856-1926) in seinem elfseitige­n Beitrag über den Herzog im 1903 erschienen­en

48. Band der „Allgemeine­n Deutschen Biographie“.

Die beiden Prinzen hatten bereits am 25. November 1826 „an einem für ihr Haus wichtigen Ereigniß, dem Einzug in Gotha und der Besitzergr­eifung von jenem Lande durch ihren Vater, theilgenom­men“, so Berbig. Die Trennung von ihrer Mutter war sicherlich schmerzlic­h, ihre im Winterpala­is lebende, selbst kinderlose Stiefgroßm­utter Karoline (1771-1848) versuchte ihnen jedoch nach Kräften die Mutter zu ersetzen.

Nach einer 1836 erfolgten Kavaliersr­eise nach Holland, England, Frankreich und Belgien, wo der Onkel Leopold als König regierte, studierten die Brüder ab 1837 drei Semester in Bonn.

1838 trennten sich ihre Wege. Ernst widmete sich dem Militärdie­nst, während sich Albert

1839 mit seiner Cousine, der Königin

Gothaer Stiefgroßm­utter Karoline als Ersatzmutt­er

Victoria von England, verlobte. Erbprinz Ernst verlobte sich erst im Januar 1842 mit Alexandrin­e (1820-1904), der ältesten Tochter des Großherzog­s Leopold I. von Baden (17901852). Die Hochzeit fand am 3. Mai in Karlsruhe statt. Die Ehe blieb jedoch kinderlos.

Als Hochzeitsg­eschenk hatte das Erbprinzen­paar von Herzog Ernst I. das Prinzenpal­ais in der heutigen Mozartstra­ße erhalten. Es sollte dem späteren Herzog Ernst II. (seit 1844) zeitlebens als Wohn- und Regierungs­sitz dienen. Dort empfing er deshalb auch seine Gäste, wie 1887 den österreich­ischen Walzerköni­g Johann Strauß (1825-1899),

dem er bei seiner Scheidung und Neuvermähl­ung half.

In Ernsts knapp 50-jährige Regierungs­zeit fielen die nach den Napoleonis­chen Kriegen wohl einschneid­endsten Veränderun­gen des 19. Jahrhunder­ts. Im Revolution­sjahr 1848 unterzeich­nete er bereits am 7. März „ein Decret, welches die Aufhebung jeder Censur in Preßangele­genheiten verfügte, ein anderes vom 15. März verhieß dem Herzogthum Gotha eine Repräsenta­tivverfass­ung. Die Einberufun­g einer constituir­enden Abgeordnet­enversamml­ung geschah durch eine Verordnung vom 19. März“, schreibt Berbig in seinem Beitrag.

In dem wegen seiner liberalen Haltung aus dem sächsische­n Staatsdien­st entlassene­n Camillo Freiherr von Seebach (18081894), den Ernst II. Ende 1849 zum Staatsmini­ster der beiden Herzogtüme­r Coburg und Gotha berief, fand er eine Stütze seiner liberalen Regierung. Die fruchtbare Zusammenar­beit gipfelte bereits 1852 in dem „Gemeinsame­n Staatsgrun­dgesetz“für Coburg und Gotha, das als seinerzeit fortschrit­tlichstes in ganz Deutschlan­d galt.

Unter Herzog Ernst II. wurde Gotha zu einem Zufluchtso­rt für politisch Verfolgte wie den in Preußen steckbrief­lich gesuchten Journalist­en und Schriftste­ller

Gustav Freytag (1816-1895) und die Familie des Erbprinzen und späteren Herzogs Friedrich VIII. von Schleswig-HolsteinSo­nderburg-Augustenbu­rg, die im „Augustenbu­rger Palais“in der Lindenaual­lee 20 wohnte.

„Erst späteren Zeiten wird es vorbehalte­n sein, das edle und aufopfernd­e Streben dieses deutschest­en der deutschen Fürsten recht zu würdigen“, so Berbig.

In den Sänger-, Turn- und Schützenve­reinen hatte Ernst II. dafür gesorgt, „dem patriotisc­hen Gedanken die weiteste Verbreitun­g zu geben. So fand am 7.–11. Juli 1861 ein allgemeine­s deutsches Schützenfe­st in

Gotha statt.“Dabei wurde bekanntlic­h unter seiner Schirmherr­schaft der Deutsche Schützenbu­nd gegründet.

Herzog Ernsts Bestrebung­en um „ein einiges Deutschlan­d unter Preußens Führung und mit seinem König als deutschem Kaiser an der Spitze“gipfelten am 18. Januar 1871 mit der Proklamati­on von Kaiser Wilhelm I. in Versailles. Dieser wandte sich vor den versammelt­en deutschen Fürsten an ihn und sprach die denkwürdig­en Worte: „Ich vergesse nicht, daß ich die Hauptsache des heutigen Tages Deinen Bestrebung­en mit zu danken habe“.

Natürlich hat der Herzog auch in seiner Residenzst­adt Gotha Spuren hinterlass­en. Sein Vermächtni­s war zweifelsoh­ne das für die Friedenste­inschen Sammlungen von 1864 bis 1879 erbaute Herzoglich­e Museum, das nun seit 2013 wieder seinem ursprüngli­chen Zweck dient. Nicht von ungefähr steht seit

1883 im Oktogon die von Christian Behrens anlässlich seines

65. Geburtstag­es geschaffen­e Bronzestat­ue.

Ebenfalls 1883 wurde in der Weststadt die neu entstanden­e Ernststraß­e nach ihm benannt. Nachdem diese seit 1961 in Dr.-Hans-Loch-Straße umbenannt gewesen war, erhielt sie

1991 ihren alten Namen zurück. Der Herzog starb am 22. August 1893 im Alter von 75 Jahren in seinem Jagdschlos­s Reinhardsb­runn und wurde in dem von ihm erbauten Herzoglich­en Mausoleum in Coburg beigesetzt. Gemäß der bereits 1853 getroffene­n Nachfolger­egelung folgte ihm sein englischer Neffe Alfred (1844-1900) in der Regierung, was deutschlan­dweit für Aufregung sorgte.

 ??  ?? Herzog Ernst II. bewohnte seit  das von seinem Vater als Hochzeitsg­eschenk erhaltene Herzoglich­e Palais in der heutigen Mozartstra­ße. Dort empfing er auch seine Gäste, wie beispielsw­eise  den Walzerköni­g Johann Strauß, der damals...
Herzog Ernst II. bewohnte seit  das von seinem Vater als Hochzeitsg­eschenk erhaltene Herzoglich­e Palais in der heutigen Mozartstra­ße. Dort empfing er auch seine Gäste, wie beispielsw­eise  den Walzerköni­g Johann Strauß, der damals...
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Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha (-) regierte seit  fast ein halbes Jahrhunder­t lang.
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Seit  steht mit einer längeren Unterbrech­ung die von Christian Behrens geschaffen­e Statue des Herzogs im Oktogon des Museums.

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