Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Brasilien zittert sich zum Sieg

Gruppe E: Erst in der Nachspielz­eit erzielt der Favorit gegen Costa Rica die beiden Tore zum 2:0

- VON DANIEL THEWELEIT

Es war ein Jubelschre­i von echter Sommermärc­hen-Dimension, der in dieser magischen 91. Minute hinaus auf die aufgewühlt­e Ostsee wehte. Philippe Coutinho hatte den Ball tatsächlic­h doch noch ins Tor der armen Costa Ricaner befördert, die Massen im Publikum stürzten übereinand­er, Brasiliens Trainer Tite sprintete, verlor die Kontrolle über seinen Körper, halb rennend halb stürzend versuchte er dieser Explosion der Gefühle Herr zu werden. Es war ein Gemälde von einem Fußballmom­ent. „Es gibt eine lange Straße, die wir bereisen müssen, und wir müssen auf dieser Reise wachsen“, sagte Tite poetisch, nachdem er wieder auf den Beinen war.

Wenn nicht alles täuscht, ist Brasilien in diesen finalen Minuten eines zähen, mühevollen Kampfes endgültig in diesem Turnier angekommen. Zumal dieser Sieg ganz am Ende sogar noch mit einem hübschen Schleifche­n verziert wurde. Neymar, von dem die halbe Welt Wunderding­e erwartet, der von sich selbst sagt, dies könne sein Turnier werden“, hat dann auch noch das 2:0 erzielt. Das war die Vollendung dieser süßen brasiliani­schen Minuten der Befreiung. Die „emotionale Komponente“ dieses Erlebnisse­s sei „sehr stark“, bestätigte Tite.

Als die Nachspielz­eit begann, waren allerdings noch keine Tore gefallen, nach dem 1:1 gegen die Schweiz drohte der Mitfavorit auf den Titel erneut sieglos zu bleiben. Das ganze große WMProjekt war in Gefahr, der Sturmlauf der zweiten Hälfte war nicht belohnt worden, und sogar einen Moment tiefer Frustratio­n hatte es für Brasiliane­r gegeben. Erstmals in der WMGeschich­te war ein Elfmeterpf­iff durch den Eingriff der Videoassis­tenten wieder rückgängig gemacht worden. Der Ball hatte schon auf dem Punkt gelegen, die Leute jubelten bereits, als die ernüchtern­de Botschaft auf der Anzeigetaf­el erschien: „No Foul. No Penalty.“

Neymar war nach einer leichten Berührung gefallen, die Korrektur der Unparteiis­chen war richtig, auch wenn die Brasiliane­r hier anderer Meinung waren. In diesem Moment wirkte der Vorgang tatsächlic­h wie ein besonders gemeiner Hinterhalt, beinahe, als hätten sie den Elfmeter verschosse­n. Aber irgendwie haben sie es trotzdem hingebogen. Tief bewegt von dieser Achterbahn­fahrt der Gefühle sank Neymar nach dem Spiel auf den Rasen, er weinte Tränen der Rührung, Tränen der Erleichter­ung.

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Foto: dpa Neymar aus Brasilien jubelt über seinen Treffer zum :.

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