Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Deutsche Elf muss noch an Standards feilen
Die Weltmeisterschaft ist bisher das Turnier der Freistöße und Eckstöße. Auch die Schweden beherrschen sie
Ein bisschen beeindruckt wirkt Joachim Löw schon. „Kein Zweifel“, sagt der Bundestrainer, „Schweden verteidigt super, absolut. Da fühlen sie sich wohl, sie wollen gerne verteidigen, das tun sie mit Hingabe und sowas von geordnet.“Das ist er, der Gegner, der sich den Deutschen am Samstag in den Weg stellt, wenn Tore her müssen, um ein Vorrunden-Aus des Weltmeisters zu verhindern. Wenn Tore her müssen, die der Nationalmannschaft zuletzt nicht leicht fielen.
Ein Ausweg aus diesem Dilemma können immer auch Standardsituationen sein: Freistöße und Eckstöße, die ohne Gegnerdruck vor das Tor geflankt werden dürfen. Ein gestalterisches Element. Auf dem Weg zum Titel vor vier Jahren entstand ein Drittel der deutschen Tore aus diesen Momenten. Miroslav Klose wendete mit seinem Tor die Vorrundenniederlage gegen Ghana ab. Mats Hummels entschied das Viertelfinale gegen Frankreich mit seinem Kopfballtreffer. Benedikt Höwedes hätte um ein Haar im Finale gegen Argentinien den goldenen Treffer erzielt. Alles passiert nach Ecken. Ähnlich beeindruckend geriet die deutsche Quote bei der EM 2016.
„Bisher sind die Spiele auf keinem besonders hohen Niveau. Das ist eine WM der Hingabe und Leidenschaft. Die Mannschaften verteidigen mit allem was sie haben“, diagnostiziert Löw. Deshalb ist es bislang das Turnier der Standards. Mehr als die Hälfte aller Treffer in Russland fiel nach ruhenden Bällen.
„Aus Standards kann man viel machen“, sagt Löw: „Das war Thema in Besprechungen und auf dem Platz.“Doch des Bundestrainers Zuneigung für diese Art der Torvorbereitung ist nicht allzu innig. Der Fußball-Ästhet feilt lieber am Zusammenspiel seiner Mannschaft, um Tore aus dem Spiel heraus zu erzielen. Entsprechend waren die Trainingszeiten auch dieses Mal in der Vorbereitung auf das Turnier verteilt. Standards wurden nachrangig behandelt.
Doch Vorsicht: Was vorn den entscheidenden Siegtreffer herbeihebeln kann, vermag hinten zum Verhängnis zu werden. Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff hält die Skandinavier für gefährlich, denn sie haben „bei Standardsituationen Spieler, die uns wehtun können“. Löw weiß das auch. Auch er wittert offenbar eher Gefahr als Chance. „Wir brauchen Samstag Spieler, die im Luftkampf stark sind. Die Schweden sind bei Standards gut.“ Was machen wir? Draxler und Kroos. (v.l.) Özil, Foto: dpa