Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Vertrauensverlust
Politik kann Thema nicht länger ignorieren
Dass das Vertrauen in die Politik beschädigt ist, muss niemanden mehr wundern: Wenn wie im Falle der Betriebsrenten nicht einmal Altverträge Bestandsschutz genießen, sondern sich die Politik ein Gesetz so hinbiegt, dass ausnahmslos jeder Versicherte zur Kasse gebeten wird, dann fühlt sich auch der Gutwilligste betrogen. Zumal wohlweislich kaum jemand den finanziellen Hammer am Ende der Laufzeit an die große Glocke hängt und viele Versicherte deshalb erst bei Renteneintritt eine bitterböse Überraschung erleben.
Besonders ärgerlich daran: Hätten die Betroffenen statt über den Chef eine private Lebensversicherung abgeschlossen, würden sie von den Krankenkassen nicht zur Kasse gebeten. Aber natürlich hatte niemand bei Vertragsabschluss damit gerechnet, dass mitten im Spiel die Regeln geändert werden könnten.
Bei rund acht Millionen Verträgen ist die Zahl der Enttäuschten allerdings inzwischen so groß, dass die Politik dieses Thema nicht mehr ignorieren kann. Selbst einige CDUAbgeordnete haben erkannt, dass sie das Vertrauen der Bürger in eine Säule der Alterssicherung „völlig verschießen“, wenn sie das Gesetz von 2003/2004 nicht korrigieren.
Aber es sind eben noch nicht genug Politiker mit Unionsticket, die das sagen. Deshalb müsste sich jetzt die SPD, die ja erneut eine große Koalition eingegangen ist und sich erneuern will, mit aller Kraft für eine Korrektur einsetzen. Aber was soll man von einer der Bedeutungslosigkeit entgegentaumelnden Partei erwarten, die schon eingeknickt ist, als die Union das Ansinnen wieder aus dem Koalitionsvertrag warf?