Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Ich habe gesprochen, how!

- VON BODO BAAKE

Mit Schlusswor­ten ist das so eine Sache. Die meisten gehen nach hinten los. Als Ronald Pofalla – erinnert sich noch jemand an den – zum Beispiel die NSAAffäre für beendet und aufgeklärt deklariert­e, kocht der Abhörskand­al erst richtig hoch. Und als der als Bundesverk­ehrsminist­er dilettiere­nde Alexander Dobrindt vor Jahresfris­t sein Schlusswor­t unter den Dieselskan­dal setzte und sich als oberster Weißwäsche­r der deutschen Autobauer gerierte, war noch nicht einmal der erste Akt gesungen.

Erst jetzt erreicht das Drama um die manipulier­ten Abgaswerte seine volle Fallhöhe. Mit der Verhaftung des AudiChefs Rupert Stadler ist, wie genauere Beobachter der Szene meinen, das Trauerspie­l dort angekommen, wo es hingehört: In der Vorstandse­tage der Autoindust­rie. Und damit im Herzen der deutschen Wirtschaft. Das amtierende Vorstandsm­itglied eines DaxKonzern­s im Knast – jetzt ist aber Schluss mit lustig.

Doch nicht alle haben den Schuss gehört. Die FußballNat­ionalelf brauchte als Wachmacher noch das Trauerspie­l gegen Mexiko, um aus der von DFBBoss Grindel und Teammanage­r Bierhoff verordnete­n Autosugges­tion von der eigenen Größe aufzuwache­n. Die beiden hatten wie aus einem Munde kaltschnäu­zig das TrikotGate um Özil, Gündogan & Erdogan für beendet erklärt. Dass das nicht funktionie­rt, erklärte ihnen ein empörter Lothar Kurbjuweit noch vorige Woche in seiner WMKolumne: „Der DFB stand ohnmächtig daneben, wie Ilkay Gündogan herumstott­erte, dass dies gar nicht politisch sei – aber bitte: Was war es denn sonst!“Alter Schwede, das war starker Tobak. Schlusswor­te sind eine schöne Sache – praktisch, quadratisc­h, gut. Schade nur, dass sie nicht funktionie­ren. Affären und Skandale sind erst dann beendet, wenn sich das Publikum im Saale oder der kleine Mann auf der Straße alles von der Seele geredet hat – oder wenn eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird. Das ist von klein auf so. Wenn die Kinder nicht aufhören zu streiten, kommt die Mutter und ruft: So, jetzt ist aber mal gut! Ist es aber nicht, der Zoff geht unter der Bettdecke weiter.

Wie im Kinderzimm­er, so auch in der Welt. Als der Herrgott in einer anstrengen­den Woche die Welt geschöpft und geschaffen hatte, lehnte er sich zurück, sah alles an, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut! Damit war praktisch das Urwort aller Schlusswor­te gesagt. Aber nicht einmal Gott hat sich daran gehalten. Er musste noch nachbesser­n, mit Adam & Eva und all diesen Sachen. Seitdem weiß man, dass Schlusswor­te nicht funktionie­ren, aber immer wieder gern gesprochen werden.

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