Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Der nächste „Brustlöser“?
Mit dem letzten Torschuss hat Deutschland das erste VorrundenAus bei einer FußballWM verhindert. Allein dieser Fakt umreißt die Dimension dieses zweiten Gruppenspiels und erklärt auch die überschäumenden Emotionen nach dem Abpfiff. Manche Gesten und Worte gegenüber der schwedischen Bank waren gewiss überflüssig, können im Eifer des Gefechts aber passieren. Der Mannschaft grundsätzlich Respektlosigkeit zu unterstellen, ist lächerlich. Zur Erinnerung: Es gibt kein besseres Beispiel für Empathie, als den deutschen Umgang mit den Brasilianern beim legendären 7:1 vor vier Jahren.
Die Hoffnung auf den erneuten sportlichen Triumphzug lebt wieder. Denn die Vergangenheit hat bewiesen, dass es häufig eines solchen „Brustlösers“bedurfte, bevor das Team durchstartete: 2006 nahm das Sommermärchen erst nach Neuvilles 1:0 in der Nachspielzeit gegen Polen seinen Anfang. 2014 war es der Willenstest in der Verlängerung gegen Algerien, der den Weg zum Titel ebnete.
Neben Kroos‘ Schlenzer war diesmal vor allem die Einsicht von Löw entscheidend. Früher oft stur an Plan und Personal festhaltend, verzichtete er auf seine Lieblingsschüler Khedira und Özil. Wie die taktischen Umstellungen in der zweiten Halbzeit erwies sich das als richtiger Schachzug – und leitet womöglich den Generationswechsel innerhalb des Teams ein.
Natürlich muss das nicht heißen, dass die bisherigen Platzhirsche jetzt für das gesamte Turnier außen vor sind. Doch ihre nicht immer nachzuvollziehende StammplatzGarantie ist vorüber. Andere besetzen nun die Hauptrollen; machen die Mannschaft unberechenbarer – und dadurch besser.