Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Enttäuscht ob der Einfallslosigkeit
Meine Frau hat mich am Samstagabend mit einer Frage mal wieder mit ihrem FußballFachwissen konfrontiert: War Toni Kroos eigentlich schon auf der Welt, als du gegen West Bromwich Albion aus ziemlich gleicher Position für Jena das 2:0 geschossen hast? Die noch lebenden Zeitzeugen werden sich erinnern. Das war 1979 – und von Toni Kroos keine Rede.
Gleiches gilt für mich auch in Sachen Euphorie. Denn die kann ich für das deutsche Team nicht teilen. Zehn gute Minuten am Anfang mit Chancen, sich selbst zu erlösen – das reicht nicht. Schon beim ersten Konter der Schweden war man auf die Großzügigkeit des polnischen Schiedsrichters angewiesen, nicht Elfmeter zu geben.
Ich bin enttäuscht von der Einfallslosigkeit. Das Spiel hat gezeigt, dass eben nicht alles in Butter ist. Joachim Löw hat es nicht geschafft, diese Mannschaft fit zu bekommen. Viele wirken überspielt. Und doch werden wir nun gegen MittelklasseKoreaner ins Achtelfinale einziehen.
Für mich hat Löw eine große Fehlentscheidung getroffen: Er hat Nils Petersen berufen, um ihn mit einem PseudoLänderspiel abzuspeisen und wieder nach Hause zu schicken, weil er weiß, dass der Junge keinen öffentlichen Ärger macht. Dabei ist Petersen ein Stürmer, der im Sturmzentrum immer eine Lösung parat hat. Einer, der bei der Dominanz in Sachen Ballbesitz und der Masse an Flanken, die nun im Nirgendwo landeten, immer Gefahr ausgestrahlt hätte. Dafür hat Löw lieber die mitgenommen, die er immer mitnimmt. Und das reichte gerade so gegen wahrlich limitierte Schweden. Aber für den großen Coup wird das zu wenig sein.
Lutz Lindemann (68) spielte für Wacker Nordhausen, RotWeiß Erfurt und Carl Zeiss Jena. Für die DDR bestritt er 21 Länderspiele (2 Tore). Später arbeitete er als Präsident, Sportdirektor und Trainer – zuletzt bis im Kosovo bei KF Prishtina.