Thüringische Landeszeitung (Gotha)
„Die WM zeigt, dass Sport zusammenführen kann“
Lassen Sie uns über Fußball reden :Thüringens VerfassungsschutzChef Stephan J. Kramer spricht über Beobachtungen in Russland und fußballbegeisterte Töchter
Verfassungsschutz-Chef Stephan Kramer ist Fan von Borussia Mönchengladbach. Foto: Peter Michaelis
Lassen Sie uns über Fußball reden! In diesen Tagen wird das sogar unter erklärten Nichtfans vorkommen. Die Weltmeisterschaft prägt die Gespräche: in der Familie, unter Freunden, mit Kollegen. Auch bei Thüringens Nachrichtendienst. Also nehmen wir den rhetorischen Pass auf und spielen den Ball weiter – zum Thüringer Verfassungsschutzchef Stephan J. Kramer.
Schauen Sie Fußball?
Ich muss ehrlich gestehen: Ich bin kein Fetischist, was den Fußball angeht. Aber am Wochenende schaue ich mir regelmäßig die Ergebnisse von Borussia Mönchengladbach an. Ich bin eben ein Westfale und BorussiaFan. Das hilft nichts.
Kann man sich ja nicht aussuchen. Und wie sieht‘s mit den WMSpielen aus?
Wenn es sich einrichten lässt, dann läuft der Fernseher. Meine Töchter, das muss ich gestehen, sind da wesentlich fanatischer und fühlen sich immer gestört, wenn ich irgendwelche unsäglichen Bemerkungen mache. Bei der letzten Fußball-Weltmeisterschaft 2014 ging ja die Debatte um die Fahnen los ...
... und Ihre Töchter wollten eine?
Ich habe kein Problem mit der Fahne, aber habe selber keine am Auto gehabt. Beim Einkaufen haben meine Töchter dann gesagt, wir sollten uns doch auch eine Fahne ans Auto hängen und haben sich durchgesetzt. Die wehte jedenfalls dann, wenn sie mit im Auto gefahren sind. Das gebe ich zu. (lacht)
Was beobachten Sie neben dem Fußballbei der WM?
Wir haben gerade in größerer Runde über die Sicherheitslage gesprochen. Da sieht die Situation im Moment relativ ruhig aus. Die russischen Sicherheitsbehörden haben wirklich jede Menge angelegt, um allen Eventualitäten entgegenzutreten. Was wir hierzulande haben ist, dass die Aktion von bestimmten linksextremistischen Gruppen kund getan wurde, deutsche Fahnen zu stehlen. Ich muss gestehen, dass es nicht nützlich ist, zu so etwas aufzurufen.
Hochkonjunktur für die Sicherheitsbehörden, wenn die deutsche Fahne weht.
Natürlich. Denn es nicht auszuschließen, dass der Frust sich möglicherweise an dem Auto, an dem die Fahne hängt, entlädt.
Haben Sie Thüringer Hooligans in Russland im Blick?
Wir haben ein Auge drauf. Aber im Moment ist da noch Ruhe.
Also alles bereitet für Public Viewing bei den Verfassungsschützern, wenn Deutschland gegen Südkorea spielt?
Ich habe die Möglichkeit eingerichtet, aber Sicherheit macht keine Pause. Auch wenn das jetzt ein bisschen spießig klingt.
Stellen Sie sich vor, Sie wären Bundestrainer! Hätten Sie Özilund Gündogan mit zur WM genommen, nachdem sie beim türkischen Präsidenten Erdogan gewesen sind?
Nein. Für mich wäre es die richtige und notwendige Konsequenz gewesen, die beiden zu Hause zu lassen. So ein Vorfall muss Konsequenzen haben. Da bin ich auch an keiner Erklärung interessiert.
Letzte Frage: Wie schneidet Deutschland ab?
Ich wünsche mir, dass es weiter so gut läuft wie im Spiel gegen die Schweden. Wir sollten aber das Ganze aber sportlich sehen und mit ein bisschen mehr Demut. Die WM ist ein tolles Spektakel und sie zeigt, dass Sport zusammenführen kann.