Thüringische Landeszeitung (Jena)
Die Zeit kann so sch öns ein
Am Sonntag beginnt die Sommerzeit - ein guter Anlass, sich die Geschichte und Geschichten der öffentlichen Uhren Thüringens einmal genauer anzusehen
Ein Blick auf eine Uhr kann ein wunderschönes Erlebnis sein. Dann nämlich, wenn man sich die Mühe macht, vor Kirchen oder Rathaustürmen, den Kopf in den Nacken zu legen und nach oben zu schauen. Denn oftmals verraten einem die historischen Uhren viel mehr als bloß die Zeit. Die Kirchturmuhr in Albersdorf etwa: „Nutze die Zeit“rät sie ihren Betrachtern, statt Ziffern trägt sie jene Aufforderung. Manche Uhren sind auch einfach nur besonders hübsch: Das hölzerne Ziffernblatt der Turmuhr an der St. Blasii Kirche in Nordhausen beispielsweise leuchtet in strahlendem Hellblau.
Thüringen und seine Uhren – das ist auch einelange Erfolgsgeschichte. Immerhin wurde in Ruhla bereits in den 1880er-Jahren die erste deutsche, in Serie gefertigte Taschenuhr hergestellt. „Fearless“hieß das Modell, es war vergleichsweise
preisgünstig und fand auch in den USA und in England reißenden Absatz. Thürinuf gen schrieb so auch au dem Ziffernblatt ein Stück Industriegeschichte.
Dass man sich den Blick auf die Uhr auch politisch zunutze machen kann, zeigt die Uhr an der Nordseite des Gothaer Rathauses: Der vergoldetet Kopf des Ritters Grumbach an der Uhr erinnert bis heute an sein Wirken im 16. Jahrhundert – und das a ls echter Hingucker: Zu jeder vollen Stunde klappt der Unterkiefer der Figur hinunter.
Bloß nicht zuschnappen
Auch in Jena hat man eine ganz besondere Ber. ziehung zur Rathausuh Sie gilt nicht nur als eines der sieben Wunder der Stadt, sondern ist von elementarer Bedeutung für deren SicherSchnapphans heit: Der sogenannte Schnapphans am barocken
Turm, der 1755 errichtet wurde, gehört zu einer astronomischen Kunstuhr: Hier versucht der Schnapphans zu jeder vollen Stunde vergeblich nach einer goldenen Kugel zu schnappen, die ihm ein Pilger am Stab entgegenhält (und von der manche behaupten, es handele sich um einen Thüringer Kloß). Sollte es dem Schnapphans jemals gelingen, die Kugel zu erreichen, droht der Legende nach großes Unheil für Jena. Übrigens ist am Rathaus lediglich eine Kopie des Schnapphans zu sehen. Das wohlbehütete Original kann man im Stadtmuseum besichtigen.
Und dann ist da ja auch noch die Uhr am 38 Meter hohen Rathausturm in Zeulenroda. Über ihr auf dem Rathausdach funkelt eine goldene Statue. Sie zeigt die griechische Göttin der Gerechtigkeit Themis, von den Zeulenrodaern nur liebevoll „Gette“genannt. (cowo)