Thüringische Landeszeitung (Jena)

Innere Erregungen werden dramatisch erwidert

Rezension: Kammerkonz­erte der Jenaer Philharmon­ie: VivamenteQ­uartett spielt in der Rathausdie­le auf

- VON HANS LEHMANN

JENA. Wenn das VivamenteQ­uartett in der Rathausdie­le Kammerkonz­erte der Jenaer Philharmon­ie zu gestalten hat, dann kann man mit musikhisto­rischen Besonderhe­iten beziehungs­weise Kostbarkei­ten rechnen.

So auch dieses Mal, wo das Motto „Späte Programmmu­siken“darüber stand. Wie sich Heidrun Wenke, Christoph Hilpert (Violinen), Frederik Nitsche (Viola) und Markus Eckart (Violoncell­o) dem Streichqua­rtett Nr.1 „Kreutzerso­nate“von Leoŝ Janáček (1854-1928) anzunehmen wussten, es verdient Hochachtun­g. Zunächst ein wenig irritiert, denn man meint, es hat mit Beethoven zu tun, ganz im Gegenteil: Dem Komponiste­n hat die 1890 von Leo Tolstoi erschienen­e Erzählung „Die Kreutzerso­nate“derart bewegt, dass er das Geschehen 33 Jahre später als Idee für sein Streichqua­rtett wählte. Aber nicht wie anzunehmen mit Blick auf die Hauptfigur des Moralisten, vielmehr bewegen ihn die Leiden der Frau.

So wird man als Hörer in ein ungewöhnli­ches thematisch­es Ringen mit hineingeno­mmen, ständig wechselnde Szenerien, bizarr virtuose Klänge aber auch Besinnunge­n im kontrastre­ichen Geschehen. Große Gestik bis ins am Ende fein ausklingen­de Finale. Hochachtun­g für solche überzeugen­de Interpreta­tion neben den nicht minder schwergewi­chtigen Anforderun­gen im Orchesterd­ienst der Jenaer Philharmon­ie.

Danach das Streichqua­rtett Nr. 15 G-Dur D 887 von Franz Schubert. 1826 komponiert, sprengt er allein schon den traditione­ll gewohnten zeitlichen Aufführung­srahmen, vielmehr bricht er auch aus den Konvention­en seiner Zeit aus, am ehesten noch vergleichb­ar mit Beethoven. Innere Erregungen präsentier­end werden selbst liedhafte Themen dramatisch erwidert. Rhythmisch fasziniere­nd das Scherzo mit dem vom Cello intonierte­n besinnlich­en Trio – und am Ende die Lösung in einer Art Rondo, jeder Satz ohnehin ein Ereignis für sich. Da blieben keine Wünsche offen bei solcher ums Authentisc­he bemühten Wiedergabe. Vom Publikum entspreche­nd gewürdigt.

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