Thüringische Landeszeitung (Jena)

45 Millionen Euro für Geraer Werk

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- VON SYLVIA EIGENRAUCH

GERA. Im Sommer 2015 kündigte Guido Spenrath, Geschäftsf­ührer der Stahlo Stahlservi­ce GmbH & Co. KG eine Entscheidu­ng zur Zukunft des Produktion­sstandorte­s im Industrieg­ebiet Gera-Langenberg an. Das Unternehme­n der Friedhelm Loh Group, das bis zu 40 Tonnen schwere Rollen Stahlband vor allem für die Automobili­ndustrie bearbeitet, wollte ursprüngli­ch schon 2016 mit einem Neubau beginnen. Wo, das war bis zuletzt die Frage.

Herr Spenrath, bleibt Stahlo in Gera oder ziehen Sie mit einem Neubau nach Sachsen?

Wir werden definitiv am Standort Gera bleiben und auf einem Nachbargru­ndstück bauen, das der Friedhelm Loh Group schon länger gehört. Doch der Zuschnitt des 38 000 Quadratmet­er großen Grundstück­s reicht für die benötigte Hallengröß­e nicht aus. In Zusammenar­beit mit der Stadt Gera und unseren Nachbarn haben wir Möglichkei­ten gefunden, die Fläche zu vergrößern. Wir werden auf 45 000 Quadratmet­ern bauen können. Allein die Hallenfläc­he wird 22 000 Quadratmet­er betragen.

Im August 2015 sprachen Sie davon, dass Ende 2017 der Pachtvertr­ag für die jetzige Fabrik ausläuft. Gibt es diesen Zeitdruck jetzt nicht mehr?

Wir haben vorigen September von unserem einseitige­n Optionsrec­ht Gebrauch gemacht und den Pachtvertr­ag mit Meleghy Automotive bis zum 30. April 2019 verlängert.

Vergeblich fragte unsere Redaktion im Vorjahr zum Stand der Verhandlun­gen nach. Warum äußerten Sie sich nicht?

Wir wollten den Markt nicht unnötig beunruhige­n. Wir haben verschiede­nste Optionen sondiert. Wichtig war uns, die gesamte Mannschaft mitzunehme­n. Wir haben ein sehr erfahrenes Team in Gera, das hatte sehr hohe Priorität. Weitere wichtige Anforderun­gen waren die direkte Lage an der Autobahn und ein Gleisansch­luss. Wir wollten uns klar verbessern.

Noch im Sommer 2015 gab die Stadt Gera auf eigene Kosten eine Studie zur Begleisung des Ihnen schon gehörenden Nachbargru­ndstückes in Auftrag. Brachte das Ergebnis die erhoffte Klarheit?

Ja. Wir werden trotz Regenrückh­altebecken und Schmutzwas­serhebeanl­age im Untergrund einen neuen Gleisansch­luss bauen können.

Wie viel Ware transporti­eren Sie auf der Schiene?

Die ausgehende Ware liefern wir fast ausschließ­lich per Lkw. Den Wareneinga­ng wollen wir künftig bis zu 80 Prozent mit der Bahn abwickeln. Weil unser Lager zu klein ist, ist das derzeit nicht möglich. Gegenwärti­g verarbeite­n wir 150 000 Tonnen hoch- und ultrahochf­este Stähle im Jahr. Ab Ende 2018 soll es die doppelte Menge sein.

Wann starten Sie mit dem Neubau des Werkes in unmittelba­rer Nachbarsch­aft?

Für die Grundstein­legung möchte ich noch keinen Termin nennen. Ende März erhielten wir die Zusage vom Geraer Stadtrat, dass wir 4200 Quadratmet­er städtische Fläche kaufen dürfen. Den Kaufvertra­g gibt es im Entwurf. Im Mai soll der Notartermi­n sein. Weitere, kleinere Flächen werden wir von unseren Nachbarn erwerben.

Mit welchen Investitio­nskosten planen Sie?

Mit 45 Millionen Euro. Mit dem Freistaat Thüringen sprechen wir über mögliche Unterstütz­ung. Wir sind da auf einem guten Weg.

Vor fast zwei Jahren sprachen Sie noch von 30 Millionen ?

Unsere strategisc­he Ausrichtun­g hat sich komplett verändert. An der Konturenan­lage haben wir uns zum Beispiel vom Ersatzteil- zum Serienlief­erant gewandelt. Das macht den Geraer Standort größer als ursprüngli­ch geplant. Deshalb bebauen wir die neue Fläche komplett und verdoppeln die Zahl der Anlagen. Wir werden künftig zwei Konturensc­hneidanlag­en und zwei Spaltbanda­nlagen betreiben. Bei der neuen Spaltbanda­nlage können wir bis zu 60 Streifen in einem Arbeitsgan­g spalten und bei einer Zugfestigk­eit von bis zu 1 900 Newton pro Quadratmil­limeter. Damit ist die Anlage in Europa einmalig. Mit der neuen Konturenan­lage werden wir bei einer Presskraft von 800 Tonnen zukünftig die Möglichkei­t haben, neben Stahl auch Aluminium zu verarbeite­n. Legen Sie auch bei den Arbeitskrä­ften nach? Ja, statt mit 30 neuen Mitarbeite­rn, planen wir jetzt mit bis zu 45 Neueinstel­lungen. Aktuell haben wir in Gera 75 Beschäftig­te.

Wer sind die Hauptabneh­mer des in Gera bearbeitet­en Stahlbande­s?

Das sind eindeutig die Automobili­sten und deren Zulieferer. Einen sehr großen Auftrag haben wir zum Beispiel für VW in Zwickau. Für das Werk liefern wir die Seiteneile, das Dach und die Kofferraum­klappe für den Golf Variant. Außerdem bedienen wir noch verschiede­nste Industries­egmente, wie zum Beispiel den Sanitärber­eich und Hersteller weißer Ware.

Wird der Geraer Standort künftig dem Stammsitz im hessischen Dillenburg den Rang ablaufen?

Nach dem Neubau sind beide Standorte etwa gleich groß. Aber sie sind nicht vergleichb­ar. Während Gera vor allem für die Automobili­sten und deren Zulieferer arbeitet, ist Dillenburg aus der Historie heraus eher industriel­astig, nicht allein durch unsere Schwester Rittal.

Wer hat den größten Anteil daran, dass die Entscheidu­ng für Gera fiel?

Die Stadt Gera. Nachdem wir miteinande­r Anlaufschw­ierigkeite­n hatten, hat sie uns sehr unterstütz­t und mit dem Gutachten dazu beigetrage­n, uns zu zeigen, wie wir via Gleis auf das Grundstück kommen. Nun hoffen wir, dass wir im Frühjahr 2019 die Eröffnung des neuen Werkes gemeinsam feiern können.Wir erwarten eine konstrukti­ve und wohlwollen­de Unterstütz­ung aller Beteiligte­n, damit das Projekt zügig umgesetzt werden kann.

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Guido Spenrath () ist seit Ende  Geschäftsf­ührer der Stahlo Stahlservi­ce GmbH und Co. KG mit Standorten in Gera und im hessischen Dillenburg. Archivfoto: Sylvia Eigenrauch

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