Thüringische Landeszeitung (Jena)
Die Rechtsextremistin Marine Le Pen am Sonntag die Wahl gewinnt. Muss sich Deutschland nach neuen Partnern umsehen?
BERLIN. Das Superwahljahr ist sein erstes Amtsjahr als Präsident des Industrieverbands BDI. Im Interview skizziert Dieter Kempf, welche Hürden er für die Unternehmen sieht.
Herr Kempf, mit Donald Trump sind viele Befürchtungen verbunden. Wie gefährlich ist der neue USPräsident für die deutsche Wirtschaft?
Dieter Kempf: Trump sieht sich selbst als Mann der Deals – uns in der Wirtschaft wäre Berechenbarkeit lieber. In seinen Dekreten und Twitter-Botschaften lässt er im Unklaren, was genau passieren soll. Er pokert mit angedrohten Strafzöllen und Einreiseverboten, statt die Karten auf den Tisch zu legen. Das verunsichert die Wirtschaft. Für Investitionen gibt es kein schlimmeres Gift als Ungewissheit. Abschottung und das Ziel, zuallererst US-Produkte zu kaufen und Amerikaner anzuheuern, schaden auch den USA selbst. Schließlich sind sie auf Partner angewiesen – ob aus Europa oder aus Kanada und Mexiko – und profitieren auch von Technologie und Know-how aus dem Ausland.
Die USA sind nicht die Einzigen, die sich an den hohen deutschen Exportüberschüssen stören. Können Sie diese Haltung, die auch vom Internationalen Währungsfonds geteilt wird, gar nicht verstehen?
Ein Handelsüberschuss ist ebenso wenig ein Sieg wie ein Handelsdefizit eine Niederlage. Der Welthandel ist kein Nullsummenspiel, bei dem der eine alles gewinnt und der andere alles verliert. Grenzüberschreitender Handel bringt gegenseitigen Nutzen, Protektionismus schadet allen. Viele Staaten leben übrigens sehr gut damit, bestimmte Dinge zu importieren, statt sie selbst zu produzieren. Europa ist und bleibt unser Heimatmarkt. Und wir Europäer brauchen eine verlässliche transatlantische Partnerschaft – politisch wie wirtschaftlich. Aber kein Unternehmen sollte alle Eier in einen Korb legen. Es gibt Alternativen, sei es in Asien