Ein bisschen großspurig

Sieh an, sieh an: Wer als Autofahrer schon auf ein EBike gespart hatte wegen des Zusammenspiels von Wut und Bluthochdruck im Jenaer Dauerstau, kann es sich noch mal überlegen. Die Stadtpolitik hat kurzerhand eine Art BeschlussLeiche wachgeküsst: die Erweiterung der Osttangente auf vier Spuren. Weshalb also kleckern, wenn man klotzen kann: Zack, den beschlossenen, aber kompromissbeladenen Ausbau der Angerkreuzung über Nacht gecancelt! Lieber etwas ganz Starkes tun! Das scheint ja auch den Charme zu haben, den die Freunde von Kräftigungsübungen beschwören: Bloß nicht den Einzelmuskel trainieren, sondern viele Mus keln gleichzeitig. Wer Verbundübungen wie Klimmzug, Liegestütz und Kniebeuge macht, wird zum RundumKraftpaket. Ja, tatsächlich, klingt plausibel: Die FischergassenKreuzung ausgebaut und an vier „Eisenbahndamm“Spuren drangezwirbelt, das muss doch auch den Durchfluss auf der Knebelstraße stärken, oder!?

Verdammt, warum jedoch bekomme ich dieses Bild von MegaStädten dieser Welt nicht aus dem Kopf? – Acht Spuren in beiden Richtungen und: Dauerstau im Berufsverkehr. Okay, vielleicht treten solche berühmtberüchtigten Effekte in einer vergleichsweise popelkleinen Stadt wie Jena nicht auf, wenn sie es wagt, die Spuren einer InnenstadtPiste zu verdoppeln.

Und wenn doch? Dann wäre in diesem StraßenausbauKlimmzug zum Beispiel die Verkehrsberuhigung des östlichen Löbdergrabens nach wie vor inbegriffen und nicht mehr rückgängig zu machen. Zurückdrehen ließe sich auch nicht, dass der auf dem Inselplatz entstehende UniCampus wunderbar zu Fuß zu erreichen wäre – wie auch der Einzelhandel im Steinweg. Überhaupt: Schon die östliche Innenstadt wäre einer Dauerkrise entwachsen, wird sie doch derzeit viel zu wenig von Fußgängerströmen durchspült. Und wenn nach dem OsttangentenAusbau der vierspurige Dauerstau nicht eintritt? Um so besser! Dann hieße dies, dass viele Fußgänger, EBiker, Radler und Nahverkehrsnutzer sich nicht verlocken ließen, per Auto Jenas neue Großspurigkeit auszuloten.