Thüringische Landeszeitung (Jena)

„Der Bedeutung bewusst“

Heike Kraußlach, Präsidenti­n des FF USV Jena, über Lizenz, Abstiegsno­t und einen Arbeitsger­ichtsproze­ss

- VON MICHAEL ULBRICH

Sie hat der Mannschaft des FF USV die aktuelle Lage noch einmal persönlich verdeutlic­ht: Vereinsprä­sidentin Professor Heike Kraußlach.

JENA. Am Sonntag, 11 Uhr, gastiert der abstiegsbe­drohte Frauenfußb­all-Bundesligi­st FF USV Jena beim Tabellenle­tzten Borussia Mönchengla­dbach. Über die aktuelle Lage, Zukunftsau­ssichten aber auch die juristisch­e Auseinande­rsetzung mit dem freigestel­lten Trainer Christian Franz-Pohlmann sprachen wir mit der Vereinsprä­sidentin Professor Heike Kraußlach.

Frau Professor Kraußlach, wie laufen denn die Planungen für die neue Saison? Gab es bereits Gespräche mit den Spielerinn­en?

Wir sind dabei, haben die Gespräche begonnen – angefangen mit denen, bei denen die Verträge auslaufen und wir werden das in den nächsten Wochen fortsetzen.

Gab es schon Reaktionen?

Das kann man pauschal nicht sagen, da es allesamt Einzelfall­situatione­n sind. Das ist ein Prozess, an dessen Ende wir sagen können, wer unter welchen Bedingunge­n bleibt und wer nicht.

Ist mit den Spielerinn­en auch über das Szenario „Abstieg“gesprochen worden und wie es dann weitergeht?

Die angebotene­n Verträge gelten für die Erste Bundesliga.

Was passiert bei einem Abstieg – spielt man dann mit der jetzigen zweiten Mannschaft weiter?

Das besprechen wir dann, wenn der Fall eintreten sollte.

Gibt es Neuzugänge?

Noch niemand konkretes. Es gibt Sichtungen einzelner Spielerinn­en, aber keine Namen oder Vertragsab­schlüsse.

Die sportliche Bilanz nach dem Trainerwec­hsel ist deutlich schlechter als die danach – wie erklären Sie sich das?

Sie machen eine Bilanz auf, die ich nicht nachvollzi­ehen kann.

Es waren 1,0 Punkte pro Spiel im Schnitt unter der Verantwort­ung von Christian FranzPohlm­ann, danach nur noch 0,4 Punkte. Diese klare sportliche Bilanz ist ja nicht wegzudisku­tieren.

Wahrschein­lich wäre die Bilanz noch schlechter, wenn er noch da wäre.

Aktuell läuft ein Gerichtspr­ozess, Herr FranzPohlm­ann klagt, weil der FF USV seit Januar kein Gehalt mehr zahlt. Beim Gütetermin war niemand vom Vorstand anwesend. Warum?

Wir haben keine Klage erhoben und es gab für uns keine gerichtlic­he Anordnung zum persönlich­en Erscheinen. Für Herrn Franz-Pohlmann gab es die schon.

Die gibt es nun auch für Sie für den Kammerterm­in im August.

Wenn es zu diesem Termin kommt, wäre das so, ja.

Können Sie den Grund nennen, warum der FF USV seit Januar kein Gehalt mehr zahlt – trotz bestehende­n Vertrages?

Das sind Dinge, die im Gütetermin und im weiteren Verlauf zu klären sind. Von unserer Seite gab es auch Gegenforde­rungen – weshalb wir das als Punkt genommen haben, um auf die Gegenforde­rung einzugehen.

Herr FranzPohlm­ann beklagt, dass ihm bis heute niemand gesagt hat, weshalb er freigestel­lt wurde. Sie müssen es mir ja nicht sagen – aber warum haben Sie es ihm nicht erläutert oder haben Sie es ihm doch gesagt?

Das wundert mich. Es ist ihm natürlich gesagt worden, aber wahrschein­lich ist es nicht angekommen. Ist das Nichtzahle­n des Gehaltes eine Vereinstak­tik, um Herrn FranzPohlm­ann zur Zustimmung zu einem Vergleich zu drängen? Bei Arbeitsger­ichtsproze­ssen ist es immer das Ziel, sich außerhalb der Kammer zu einigen. Auch das ist unser Ziel – obwohl er die Klage erhoben hat. Jetzt schauen wir mal, wie es weitergeht.

Der Verein hat sich in der Vergangenh­eit Geld beim belgischen Geschäftsm­ann Roland Duchâtelet geborgt – war das auch in diesem Frühjahr nötig, um die Liquidität zu sichern?

Nein.

Gibt es vom Deutschen FußballBun­d bereits eine Rückmeldun­g wegen der Lizenz für die neue Saison?

Es gab einige kurze Nachfragen, was üblich ist – aber es gab noch keine Meldung über die Erteilung der Lizenz. Aufgrund unseres Antrages und der Rückfragen sehen wir aber keine Probleme.

Erwarten Sie Auflagen?

Aus unserer Sicht hoffe ich das nicht. Wir müssen abwarten, was der DFB uns dazu schreibt.

Wurde eine Lizenz für die Zweite Liga beantragt?

Ja – sowohl für die erste als auch für die zweite Mannschaft, die die Möglichkei­t des Aufstiegs hat. Falls der schlimme Fall eintritt, wovon wir nicht ausgehen, und wir steigen ab, bedarf es ja dieser Lizenz.

Welche Möglichkei­ten hat der Verein ausgeschöp­ft, seine Einnahmese­ite zu erhöhen – sind die Sponsorene­innahmen gestiegen?

Wir sind intensiv in die Kosten gegangen und haben geschaut, wo wir noch optimieren können. Das, was zu machen war, haben wir getan. Man kann sich aber auch nicht todsparen. Wir sind nun dabei, mit einer Werbeagent­ur aus Jena ein Marketingk­onzept zu erarbeiten, um unser Erscheinun­gsbild nach außen anders darzustell­en. Mit zwei Erstligama­nnschaften in Jena und dem FCC, dem ich für den Aufstieg in die Dritte Liga ausdrückli­ch die Daumen drücke, ist es in Jena und Thüringen sehr eng, weshalb wir darüber hinaus wollen. Dazu haben wir im Rahmen einer von der Hochschule betreuten Masterarbe­it versucht, das Verhalten der Sponsoren zu erkunden, um gezielter auf sie zugehen zu können. Mit der Gründung eines Wirtschaft­sbeirates versuchen wir, die Einnahmen zu erhöhen.

Ein Sponsor ist wohl auch die Spielbetri­ebsGmbH des FC Carl Zeiss Jena, die Ihnen derzeit knapp 20 000 Euro Gehaltskos­ten für Justien Odeurs abnehmen soll. Gibt es da Gespräche über die Verlängeru­ng des Engagement­s über den 30. Juni 2017 hinaus?

Zunächst kann ich Ihnen dieses Sponsoring nicht bestätigen. Wir sind mit Justien Odeurs im Gespräch, weil ihr Vertrag bei uns ausläuft. Da gibt es erste Angebote, aber keine finale Entscheidu­ng.

Am Sonntag steht das wichtige Spiel beim Letzten Mönchengla­dbach an – haben Sie der Mannschaft persönlich die Bedeutung der Partie vermitteln können?

Ich war in der vorigen Woche gemeinsam mit Vorstandsk­ollegen bei der Mannschaft. Da ging es um Themen wie Verträge und Zukunft – und natürlich auch um die Bedeutung der nächsten Spiele. Darum wissen die Spielerinn­en auch. Wir können es nur noch einmal betonen. Ich bin mir auch sicher, dass sie am Sonntag alles tun werden, um die drei Punkte zu holen. Falls es Zusatzpunk­te für schönes Spielen gibt, nehmen wir die auch – aber bei drei Punkten hört es ja bekanntlic­h auf.

 ??  ?? Harter Kampf: Der FF USV Jena – hier Lucie Vonkova – braucht noch Punkte für den Klassenerh­alt in der Fußball-Bundesliga. Foto: Sascha Fromm
Harter Kampf: Der FF USV Jena – hier Lucie Vonkova – braucht noch Punkte für den Klassenerh­alt in der Fußball-Bundesliga. Foto: Sascha Fromm
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