Thüringische Landeszeitung (Jena)
Ein Wein, der dem Spargel das Wasser reichen kann
Ja, es ist wieder so weit: Der erste frisch gestochene Spargel steht auf dem Tisch. Und mit ihm taucht auch der Spargelwein wieder in den Läden auf. Haben Sie sich auch schon gefragt, was das sein soll: Spargelwein? Wein aus Spargel? Natürlich nicht. Den gibt es nur in einer Komödie von Friedrich Dürrenmatt. Was also hat es auf sich mit diesem Wein, den uns die Industrie unermüdlich schmackhaft machen will? Ehrlich gesagt: nicht viel. Keine Rebsorte der Welt könnte den Spargel für sich beanspruchen.
Unter den mir bekannten Berufstrinkern, auch Sommeliers genannt, kommt es Jahr für Jahr zu Streitgesprächen über unser heiliges, regionales, aber doch so polarisierendes Gemüse und was dazu zu trinken sei. Dabei ist es wie in der Monarchie: Der Spargel ist der König, der erst durch seine Begleiter die eigene Wichtigkeit erfährt. Spargel bekommt seinen so vielschichtigen Geschmack erst durch das Beiwerk: Kartoffeln, Schinken, Fisch, Butter und, natürlich, Sauce Hollandaise. Aber wie sollte daneben ein dürrer „Spargelwein“aus dem Supermarkt für 1,99 Euro bestehen? Mir gefällt es, zu einem Spargelmenü eine einzige Rebsorte anzubieten, die aber von Gang zu Gang anders ausgebaut wird – wie man auch den Spargel in einem Menü jeweils anders zubereitet. Meine Lieblingsrebe dafür ist die Scheurebe. Heimisch wächst sie gut: fruchtig frisch für die Vorspeisen, kräftig im Holz ausgebaut für die mit Hollandaise besaucten Hauptgänge, süß für die Desserts. Das funktioniert natürlich auch mit Müller Thurgau, Sauvignon blanc, Silvaner und den Burgunderrebsorten. Nur, ein Wein für alles, das geht gar nicht! Schon gar nicht, wenn „Spargelwein“draufsteht.
Übrigens: Am 30. April gibts bei uns am Weimarer Markt ein Festival rund um Stange und Scheurebe. Schauen Sie doch mal vorbei!