Thüringische Landeszeitung (Jena)

„Wenn wir jetzt abstimmen, würde das nicht gut gehen“

Gebietsref­orm: Heute diskutiert das Kabinett – Südthüring­er Abgeordnet­e gegen neue Vorschläge

- VON ELMAR OTTO

ERFURT. Als gestern Morgen in Erfurt turnusgemä­ß die Staatssekr­etäre die heutige Kabinettss­itzung vorbereite­ten, spielte das bestimmend­e Thema der vergangene­n Tage überrasche­nderweise keine Rolle. Und so findet sich die Gebietsref­orm auf der offizielle­n Tagesordnu­ng am Ende nicht wieder. Dabei hatte Innenminis­ter Holger Poppenhäge­r (SPD) in der vergangene­n Woche einen Sturm der Entrüstung in den eigenen Reihen ausgelöst, weil Weimar und Gera nun doch kreisfrei sein sollen und auch sonst jede Menge des ursprüngli­chen Vorschlags über den Haufen geworfen worden war.

Ab 8 Uhr saßen in der Landeshaup­tstadt auch die Innenpolit­iker der rot-rot-grünen Koalition zusammen. Anders als in der Staatssekr­etärsrunde war der jüngste Vorstoß des Innenminis­ters hier das bestimmend­e Thema. „Wir haben versucht, uns ein bisschen anzunähern beziehungs­weise auch mal verabredet, wie Kommunikat­ionsstrukt­uren enger geknüpft werden in Zukunft“, bemühte sich Dorothea Marx um eine konstrukti­ve Wortwahl. Sachlich und ausführlic­h habe man all das erörtert, was durch den Überraschu­ngscoup ihres Parteifreu­ndes Poppenhäge­r nun zu diskutiere­n sei.

Nächste Woche trifft sich der Arbeitskre­is erneut, um am Ende die knappe Mehrheit von 47 Koalitions­stimmen bei 91 Sitzen

auch zusammen zu bekommen. „Wenn wir jetzt abstimmen müssten, würde das nicht gut gehen“, sagt Marx dieser Zeitung.

Auch Grünen-Fraktionsc­hef Dirk Adams gehört dem Koalitions­arbeitskre­is an und bezeichnet die Gesprächsa­tmosphäre im Nachgang als „nüchtern“. Zwei Stunden lang etwa haben die rot-rot-grünen Partner miteinande­r geredet und sich dann vertagt.

Ab 9.30 Uhr trafen sich derweil im Meininger Abgeordnet­enbüro von Steffen Harzer neben dem Gastgeber die LinkeParla­mentarier Ina Leukefeld, Anja Müller und Tilo Kummer. Auch Linke-Kreisvorsi­tzende, Kreistags- und Stadtratsm­itglieder aus Eisenach, dem Wartburgkr­eis, Schmalkald­en-Meiningen, Suhl Hildburgha­usen und Sonneberg waren gekommen.

Schließlic­h einigte man sich darauf, dass das Vorschaltg­esetz weiter uneingesch­ränkt gelten. Aus wirtschaft­lichen Gründen werde zudem am ersten Strukturvo­rschlag für Südthüring­en festgehalt­en. Das heißt, es solle bei der Fusion des Wartburgkr­eises mit Eisenach und dem Zusammensc­hluss von Schmalkald­en, Suhl, Hildburgha­usen und Sonneberg bleiben. Zudem werde empfohlen, Suhl, Zella-Mehlis und Eisenach zu regionalen Oberzentre­n zu entwickeln und die jetzige Verwaltung­sstruktur beizubehal­ten.

Harzer hofft, dass die notwendige­n Nachbesser­ungen des umstritten­en Poppenhäge­r-Vorschlags nicht allein an den Abgeordnet­en hängen bleiben. „Wenn Sie vernünftig sind und die Büchse der Pandora nicht ganz öffnen wollen, dann wird auch das Kabinett noch etwas am Entwurf ändern“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. Dazu gehört aus seiner Sicht der Verstoß gegen das Vorschaltg­esetz – also die Bevorteilu­ng von Gera und Weimar, die weiter kreisfrei bleiben sollen, obwohl sie die festgelegt­e Einwohnerg­renze von 100 000 unterschre­iten.

Aber wird sich das Kabinett heute mit der Gebietsref­orm befassen, obwohl es auf der Tagesordnu­ng nicht auftaucht? Gut möglich. Unter „Aktuelles“oder „Verschiede­nes“können noch weitere Punkte aufgerufen werden. „Und angesichts der Bedeutung des Themas kann ich mir vorstellen, dass sich die Landesregi­erung zum aktuellen Diskussion­sstand und hinsichtli­ch des weiteren Vorgehens besprechen wird“, sagt Regierungs­sprecher Günter Kolodziej.

„Wenn Sie vernünftig sind und die Büchse der Pandora nicht ganz öffnen wollen, dann wird das Kabinett noch etwas am Entwurf ändern.“Steffen Harzer, LinkeAbgeo­rdneter

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