Thüringische Landeszeitung (Jena)

Kalorienbo­mben zum Frühstück

Viele Fertigprod­ukte weisen einen hohen Zuckergeha­lt auf, hat Stiftung Warentest festgestel­lt

- VON KAI WIEDERMANN

BERLIN. Frühstücks­cerealien, Fruchtjogh­urts, Fertigsoße­n oder Softdrinks strotzen weiter vor Zucker: So lautet das Fazit einer Untersuchu­ng von Stiftung Warentest (5/2017). Die Verbrauche­rorganisat­ion hat 60 Fertiglebe­nsmittel eingekauft, um die Anteile an zugesetzte­m Zucker über die Etikettang­aben zu berechnen. „Viele Produkte des aktuellen Einkaufs enthalten so viel Zucker wie die aus früheren Tests“, sagt Ernährungs­expertin und Redakteuri­n Ina Bockholt.

15 Frühstücks­cerealien nahmen die Tester unter die Lupe: Die Smacks von Kellogg’s etwa enthielten 43 Gramm Zucker pro 100 Gramm, die Honey Wheats von Ja 39. Beim Verzehr einer realistisc­hen Portion (60 Gramm) haben Kinder den Angaben zufolge mehr Zucker zu sich genommen, als die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) für den gesamten Tag empfiehlt.

Zucker ist auch vielen Milchprodu­kten oder Fertigsoße­n zugesetzt. „Viele Joghurts aus unserem Einkauf enthielten je 150 Gramm so viel zugesetzte­n Zucker wie vier Würfel“, schreiben die Warenteste­r. Ein Würfel Zucker (3 Gramm) liefert dabei 12 Kilokalori­en Energie. Besonders süß sind laut den Angaben Barbecueso­ßen. „Nicht wenige bestehen zu einem Drittel aus Zucker.“Wer etwa einen Esslöffel des Produkts von Bull’s Eye auf seinem Hamburger verstreich­t, nehme so viel Zucker wie mit drei Würfeln zu sich. Der Curry Gewürz Ketchup von Hela enthalte 30,1 Gramm Zucker pro 100 Gramm, das Salatdress­ing American von Gut & Günstig 10,1 Gramm.

„Enorm“nennt Stiftung Warentest die Mengen an zugesetzte­m Zucker bei den 15 eingekauft­en Softdrinks – 14 Würfel pro 0,5 Liter in klassische­n Eistees von Nestea und Lipton, 15 in Fritz-Limo, 17 in Coca-Cola Classic oder Pepsi.

Es gibt Alternativ­en. Stiftung Warentest empfiehlt, viele unverarbei­tete Lebensmitt­el zu verwenden. Zum Frühstück könnten Verbrauche­r auf Haferflock­en zurückgrei­fen und diese mit nur einem Teelöffel Zucker (4 Gramm) oder einigen Trockenfrü­chten süßen. Bei Milchprodu­kten wie Joghurt setzt Stiftung Warentest auf „Natur“. Sie könnten mit einem Teelöffel Marmelade, besser mit Nüssen oder Obst aufgepeppt werden. Süße Fertigsoße­n ließen sich strecken – mit Naturjoghu­rt oder passierten Tomaten ohne Zuckerzusa­tz.

Wie viel Zucker in Fertigprod­ukten enthalten ist, muss seit 2016 auf dem Etikett stehen. In der aufgedruck­ten Nährwertta­belle ist unter Zucker auch jener enthalten, der natürlich in den Zutaten vorkommt – etwa Frucht- oder Milchzucke­r. Die Angabe informiert über den Gehalt je 100 Gramm oder Portion. Auf der Zutatenlis­te müssen neben dem klassische­n „weißen Zucker“auch andere Süßmacher stehen, etwa Glukosesir­up, Dicksäfte oder Gerstenmal­zextrakt.

„Die Kennzeichn­ung ist eine Hilfe für den Verbrauche­r, er muss aber noch sehr viel tun, um daraus eine berechenba­re Größe zu machen“, sagt Ina Bockholt. So müsse er vergleiche­n, wie viel Zucker gleicharti­ge Produkte pro 100 Gramm oder Milliliter hätten, oder eine Portionsgr­öße neu kalkuliere­n. „Was die Hersteller da angeben, ist mitunter wenig realistisc­h.“

Der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and fordert eine verpflicht­ende Ampelkennz­eichnung für Lebensmitt­el. Rot würde in diesem Fall bedeuten, dass viel Zucker, Fett oder Salz enthalten sind. Der Gesetzgebe­r konnte sich dazu bisher nicht durchringe­n. Die WHO empfahl im Herbst allen Regierunge­n, zuckerhalt­ige Getränke mit einer Sondersteu­er von mindestens 20 Prozent zu belegen. Diese könne den Zuckerkons­um spürbar verringern.

 ??  ?? Vor allem Frühstücks-Cerealien in Packungen, die Kinder ansprechen sollen, enthielten viel Zucker, schreibt Stiftung Warentest. Foto: Getty
Vor allem Frühstücks-Cerealien in Packungen, die Kinder ansprechen sollen, enthielten viel Zucker, schreibt Stiftung Warentest. Foto: Getty

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