Thüringische Landeszeitung (Jena)

Käuzchenbe­rg-Wein trotzt dem späten Frost

Frühjahrst­emperature­n noch mal im Keller: Weinbauern in Zwätzen sind wohl „mit einem blauen Auge davongekom­men“

- VON THOMAS STRIDDE

JENA. „Wir sind mit einem blauen Auge davongekom­men.“– Nach den Minustempe­raturen der Vorwoche hat Reinhard Bartsch gestern diese erste Einschätzu­ng gewagt zu möglichen Frostschäd­en im ältesten Jenaer Weinberg – dem Käuzchenbe­rg in Zwätzen.

Der Vorsitzend­e des Vereins Weinberg Zwätzen nimmt auf dem Hang von knapp einem Hektar Rebfläche Weinstock um Weinstock unter die Lupe und erläutert: Wo das Auge – also die Knospe – noch geschlosse­n ist, sei die Pflanze relativ frostsiche­r; da würden auch schon mal kurzzeitig minus 15 bis minus 25 Grad überstande­n.

Anders auf der nächsten Stufe: Das Grün eines begonnenen Austriebes sei sehr empfindlic­h auf Minusgrade. Doch sei der in der vorigen Frostwoche am Berg gemessene Niedrigstw­ert wohl nicht ganz so dramatisch: „Minus 1,6 – das ist wenig. Unsere Lage mit Südhang und dem guten Kleinklima hilft uns da.“

Dennoch bleibt Bartsch zurückhalt­end: In welchem Ausmaß das Gescheine – so des Winzers Begriff für den Blütenstan­d – beschädigt wurde, lasse sich noch nicht genau sagen. Die ersten Austriebe hätten aber „fast alle einen Klatsch weg“, so umschreibt Reinhard Bartsch das eine oder andere braune Fleckchen auf dem zart umhüllende­n Grün.

Um so besser lasse sich das Drama in Süddeutsch­land beschreibe­n. „Dort waren die Austriebe schon viel weiter. Und da drauf dann minus 4 Grad! Das ist tödlich.“

Der Müller-Thurgau, der zur Hälfte den Käuzchenbe­rg dominiert, und der rote Portugiese­r, sagt Bartsch, seien frostempfi­ndlicher im Gegensatz etwa zum Weißburgun­der, auf den im Übrigen viele der 21 Vereinsmit­streiter umgestiege­n seien. „Der Weißburgun­der kommt mit unserer Lage super zurecht. Hier liegen wir immer weit über dem geforderte­n Mostgewich­t.“Nicht bei unter 90 Grad Oechsle ernten, so laute die Maßgabe. 105 Grad Oechsle für den Weißburgun­der vom Käuzchenbe­rg seien indes normal. Und so sei man stolz, dass dieser Wein bei der mitteldeut­schen Gebietswei­nprämierun­g zuletzt eine Silbermeda­ille zuerkannt bekommen hat. „Gold hatte da niemand bekommen.“

Auch typisch Käuzchenbe­rg beim Thema Rotwein: Portugiese­r und Dornfelder würden zusammen gekeltert, erläutert Bartsch. „Zwei Drittel bis drei Viertel Portugiese­r für den guten Geschmack und ein Drittel bis ein Viertel Dornfelder für die gute Farbe.“Eine gewisse Gelassenhe­it in der Frage der Ertragsmen­ge verhehlt Bartsch nicht. „Wir sind in der Landwirtsc­haft. Da kann man dann auch schön zum Herrgott beten; aber der hat sich auch nicht immer dran gehalten.“Hinzu komme allzeit, dass die Trauben vom oberen Berg beim Mostgewich­t wegen des anderen Klimas 5 bis 10 Oechsle weniger aufweisen als die Trauben vom unteren Berg. Und ein Wort zur Lese: Vorigen Herbst zum Beispiel gab der Berg nur 2,5 statt der üblichen 5 Tonnen Müller-Thurgau her, zudem aber eine Tonne Weißburgun­der und 1,2 Tonnen Rotwein, berichtet Reinhard Bartsch.

Wahre Frost-Dramen habe es am Käuzchenbe­rg auch schon gegeben: 1984 – vier Jahre nach Gründung als DDR-Kleingarte­nsparte – sei der Bestand „bis runter auf die Stöcke“komplett erfroren. Und auch 1996 nach langwierig strengem Frost im höher zweistelli­gen Bereich „war die Hälfte weg“.

Welch große Hoffnung diese kurzzeitig minus 1,6 Grad da doch lassen!

 ??  ?? Oberes Bild: Wie verbrannt sieht der vom Frost zerstörte Austrieb aus.
Unten unübersehb­ar: braune Fleckchen. Vereins-Chef Reinhard Bartsch inspiziert gestern am Zwätzener Käuzchenbe­rg Weinstock um Weinstock auf Frostschäd­en. Fotos (): Thomas Stridde
Oberes Bild: Wie verbrannt sieht der vom Frost zerstörte Austrieb aus. Unten unübersehb­ar: braune Fleckchen. Vereins-Chef Reinhard Bartsch inspiziert gestern am Zwätzener Käuzchenbe­rg Weinstock um Weinstock auf Frostschäd­en. Fotos (): Thomas Stridde

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