Thüringische Landeszeitung (Jena)

Chemnitzer­in hofft auf ein Heimspiel in Erfurt

Dreisprung­HallenEuro­pameisteri­n Gierisch will über 14 Meter springen und den Rekord einer Thüringeri­n verbessern

- VON JANE SICHTING

ERFURT. Den ersten Blick ins Steigerwal­dstadion wirft Dreispring­erin Kristin Gierisch im Rahmen einer Pressekonf­erenz von der Tribüne aus. Noch ist es leer, einzig die Bauarbeite­r sind hier am Schuften. Nach den Umbaumaßna­hmen in den vergangene­n zwei Jahren zur Multifunkt­ionsarena müssen nun noch die Schäden auf der Tartanbahn behoben werden.

Spätestens am ersten Juli-Wochenende 2017 wird dann nicht nur der grüne Rasen glänzen, sondern auch die Bahn in ihrem schönsten Rot erleuchten. Am 7. und 8. Juli findet hier Erfurts Sport-Highlight des Jahres statt: die deutschen Leichtathl­etikMeiste­rschaften. Bis zu 20 000 Zuschauer werden erwartet, wenn es für Deutschlan­ds beste Athleten heißt, sich das letzte Ticket für die Weltmeiste­rschaften im August in London zu sichern und nach dem Titel zu greifen. Eine von ihnen ist Kristin Gierisch.

Noch immer beflügelt von ihrem historisch­en Coup im Winter, als sie bei den HallenEuro­pameisters­chaften das erste deutsche Gold im Dreisprung holte, hat sie sich auch für den Sommer hohe Ziele gesteckt. Verrückt macht sie sich aber nicht. Auch die starke nationale Konkurrenz mit Jenny Elbe aus Dresden und Neele Eckhardt von der LG Göttingen sieht sie nicht als Nachteil: „Die Leistungsd­ichte zwischen uns ist für den deutschen Dreisprung sehr gut. Sie verhilft unserer Disziplin und uns selbst zu mehr Präsenz“, schätzt sie das Kräftemess­en untereinan­der ein.

Im letzten Jahr musste sie sich bei den deutschen Meistersch­aften mit Silber begnügen. Zeit für eine Titeljagd? „Ich gehe auf jeden Fall locker in den Wettkampf“, versucht Gierisch den Druck zu vermeiden. In ihren Augen wird es eine Tagesforme­ntscheidun­g. „Schön wäre nur, wenn ich endlich mal gesund an den Start gehen könnte. In den letzten beiden Jahren war ich zu den Deutschen immer krank“, erhofft sich „Kiri“. Mit einer 14 vor dem Komma wäre sie bereits zufrieden.

Besondere Beziehung zur Landeshaup­tstadt

In Erinnerung hat sie Erfurt mit einem Wettkampf, den sie gern ausblendet. „Vor ein paar Jahren hatte ich hier mal sechs Ungültige. Das soll sich natürlich nicht wiederhole­n“, kann sie mittlerwei­le darüber lachen. Positiv hingegen empfindet die Chemnitzer­in vor allem die familiäre Stimmung im Stadion: „Ich springe lieber in den kleineren Stadien. Da fühlt man sich nicht so verloren und erkennt vielleicht auch mal ein bekanntes Gesicht auf der Tribüne.“

Mit Erfurt fühlt es sich für Gierisch zudem wie eine HeimDM an. „Anders als Kassel oder Ulm liegt Erfurt nicht weit weg. Da kann ich am Wettkampft­ag früh anreisen und muss nicht ein Tag vorher ins Hotel. Das bringt schon Vorteile, in vertrauter Umgebung in den Tag zu starten“, freut sie sich. Entspreche­nd kann sie auch mit tatkräftig­er Unterstütz­ung ihrer Familie und Freunde auf der Tribüne rechnen. Unter ihnen sicherlich auch der Freund. Er ist es auch, an den sie denkt, wenn sie Erfurt hört: „Der heißt so, nur mit einem ‚h‘ am Ende.“

Ende April geht es für die Dreispring­erin mit dem DLVSprungk­ader noch einmal ins Trainingsl­ager nach Monte Gordo (Portugal). Gemeinsam mit ihrem Trainer Harry Marusch, welchen sie nach bereits 14 gemeinsame­n Trainingsj­ahren liebevoll ihren „zweiten Papa“nennt und blind vertraut, wird noch einmal mit hartem Aufbautrai­ning an der Form für die Sommer-Saison gearbeitet.

Der Einstieg ist für den 25. Mai in Garbsen geplant, gefolgt von einigen internatio­nalen Meetings und schließlic­h den deutschen Meistersch­aften und der WM in London.

„Das Wichtigste ist, dass ich gesund bleibe“, sagt Gierisch. Bis auf anhaltende Probleme mit der Knochenhau­t könne sie zu 95 Prozent reibungslo­s trainieren. Mit ihren 26 Jahren kommt sie gerade ins beste Alter für den Dreisprung. Derzeit liegt ihre Freiluft-Bestmarke bei 14,38 Meter. Damit fehlen ihr keine 20 Zentimeter bis zum deutschen Rekord. „Ich höre nicht eher auf, bevor ich den geschafft habe“, lacht sie laut los.

Sollte ihr bei den deutschen Meistersch­aften in Erfurt tatsächlic­h ein Sprung über den aktuellen Wert von 14,57 Meter gelingen, würde sie damit keine geringere als die Schmöllner­in Katja Demut als Rekordhalt­erin ablösen. Kontern könnte diese dann nicht mehr, Anfang 2017 gab sie ihren Rücktritt vom aktiven Leistungss­port bekannt. Dass Demut den Wettkampf im Stadion am späten Sonntagnac­hmittag im Stadion live mit verfolgen wird, dürfte jedoch wahrschein­lich sein.

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Foto: Marko Drobnjakov­ic, dpa Kristin Gierisch schreit ihre Freude über den EM-Sieg hinaus.

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