Thüringische Landeszeitung (Jena)

Jeden Tag werden in Thüringen 16 Fahrräder geklaut Gibt es Tipps, um dem Fahrraddie­bstahl vorzubeuge­n?

Eigentümer dürfen sich im Freistaat relativ sicher fühlen. Mehr Räder werden in Bremen, Hamburg, Berlin, SachsenAnh­alt, Brandenbur­g, SchleswigH­olstein und Sachsen gestohlen.

- VON ELMAR OTTO

ERFURT. Fahrraddie­be verursacht­en im vergangene­n Jahr einen geschätzte­n Schaden von 177 Millionen Euro in Deutschlan­d. 330 000 Drahtesel wurden entwendet.

Statistisc­h gesehen waren jede Stunde 38 Räder weg, in Thüringen alle zwei Stunden eins, pro Tag 16. Als eher sicher gelten neben Thüringen das Saarland, Rheinland-Pfalz, Bayern, Hessen und Baden-Württember­g. Besonders aktiv sind die Langfinger in Bremen, Hamburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Brandenbur­g, Schleswig-Holstein und Sachsen. Sicher fühlen können sich auch die Fahrraddie­be:Republikwe­it liegt die Aufklärung­squote bei nur 8,8 Prozent, das heißt

9 von 10 Fahrräder bleiben verschwund­en.

Wie viele Fahrräder wurden im vergangene­n Jahr in Thüringen gestohlen?

In Thüringen wurden 2016 nach Angaben des Landeskrim­inalamtes (LKA) 4960 Fahrräder gestohlen. Das ist mit 11,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ein deutlicher Anstieg. 2015 sind 4453 Fahrräder entwendet worden. 2014 wurden 4440 geklaute Drahtesel gemeldet. Rekordhalt­er, seitdem die Statistik geführt wird, ist das Jahr 2003 mit 6292 Fahrraddie­bstählen. Die Aufklärung­squote lag im vergangene­n Jahr in Thüringen bei knapp 15 Prozent.

Wo im Freistaat werden die meisten Fahrräder entwendet?

Spitzenrei­ter ist laut LKA die Landeshaup­tstadt Erfurt mit 1471 Diebstähle­n im vergangene­n Jahr (2015: 1224, 2014: 970). Es folgt mit deutlichem Abstand Jena, wo 459 Fahrräder geklaut wurden (2015: 373, 2014: 427). Rang drei belegt Weimar mit 395 Fahrraddie­bstählen (2015: 356, 2014: 278).

In Erfurt und Jena hat die Zahl der Fahrraddie­bstähle besonders zugelegt. Hat das LKA eine Erklärung für den Anstieg?

Eine mögliche Ursache könnte die Zunahme der sogenannte­n indirekten Beschaffun­gskriminal­ität sein. Fahrräder und Fahrradtei­le werden verkauft oder auch direkt gegen Rauschgift eingetausc­ht. Anderersei­ts wird das Fahrradfah­ren in den größeren Städten immer beliebter. Damit gibt es mehr Tatgelegen­heiten.

Welche sind die gefährlich­sten Landkreise ?

Unter den Top 30 ist gemäß der Angaben von billiger.de kein Thüringer Kreis zu finden. An den ersten drei Positionen liegen der Spree-Neiße-Kreis in Brandenbur­g mit 1012 Diebstähle­n je 100 000 Einwohner sowie die beiden nordrhein-westfälisc­hen Kreise Borken mit 1010 und Coesfeld mit 759.

Welche Landkreise sind vergleichs­weise sicher?

Hier führt der Kreis Südwestpfa­lz mit 15 Diebstähle­n je 100 000 Einwohner vor den bayrischen Kreisen Regen mit 16 und Bayreuth (25). Das Weimarer Land schafft es hochgerech­net mit 45 Fahrraddie­bstähle je 100 000 Einwohner auf Platz 22. Insgesamt wurden 2016 hier 37 Diebstähle erfasst, Die Aufklärung­squote lag bei 13,5 Prozent.

Wo werden deutschlan­dweit die meisten Fahrräder geklaut?

Spitzenrei­ter ist mit Berlin die bevölkerun­gsreichste Stadt der Bundesrepu­blik (gut 3,5 Millionen Einwohner). Hier wurden im vergangene­n Jahr 34 418 Fahrräder gestohlen. Das hat das Internetpo­rtal billiger.de herausgefu­nden und dafür die Polizeista­tistiken der Bundesländ­er ausgewerte­t. Legt man die Diebstähle je 100 000 Einwohner zu Grunde, befindet sich demnach einmal mehr Münster auf dem ersten Platz mit 1721 Räder (absolut: 5337, plus 144 gegenüber 2015). Auf Platz zwei liegt erstmals Leipzig. In der Messestadt wurden 1720 Drahtesel je 100 000 Einwohner geklaut. Absolut entspricht dies 9642 entwendete­n Rädern. Das sind 2791 Räder mehr als 2015. Damit verzeichne­t Leipzig den größten Anstieg deutschlan­dweit. Die Nachbarsta­dt Halle belegt den dritten Rang mit 1543 Diebstähle­n je 100 000 Einwohner (3657 absolut, plus 298).

Wie steht Thüringen im Vergleich der Bundesländ­er da?

Der Freistaat liegt mit 228 Diebstähle­n je 100 000 Einwohner auf Platz 13 der insgesamt 16

Bundesländ­er. Das Diebstahlr­isiko wird als gering eingestuft und liegt 44 Prozent unter dem Durchschni­tt. Der Stadtstaat Bremen ist die bundesdeut­sche Hochburg des Fahrraddie­bstahls mit 1010 geklauten Velos je 100 000 Einwohner, dahinter liegen Hamburg und Berlin mit je 978 sowie Sachsen-Anhalt (649) und Brandenbur­g (570). Am sichersten ist es im Saarland mit 100 Diebstähle­n je 100 000 Einwohner, es folgen Rheinland-Pfalz (176) und Bayern (225).

Gibt es ein bestimmtes Täterprofi­l ?

Da in diesem Deliktsber­eich in Thüringen weniger als 20 Prozent der Fälle aufgeklärt werden, haben die Angaben zu den Tatverdäch­tigen nur eine begrenzte Aussagekra­ft, so das LKA. Die ermittelte­n Tatverdäch­tigen sind im Freistaat eher männlich und älter als 21 Jahre. Die Hälfte der ermittelte­n Tatverdäch­tigen besitzen nicht die deutsche Staatsange­hörigkeit.

Auf ganz Deutschlan­d bezogen sind billiger.de zufolge 38 Prozent der Täter jünger als 21 Jahre, 92 Prozent der Täter sind männlich. Alles in allem wurden 332 486 Diebstähle gezählt, das sind 911 Räder jeden Tag. Der Schaden wird auf 177 Millionen Euro beziffert.

Handelt es sich um Einzeltäte­r, oder sind auch Banden unterwegs?

In der polizeilic­hen Kriminalst­atistik wird keine Unterschei­dung nach Bandendieb­stahl getroffen, unterschie­den wird nur der einfache vom schweren Fahrraddie­bstahl, teilt das LKA mit. Von den ermittelte­n Tatverdäch­tigen werden jährlich etwa 70 Prozent mit dem Merkmal „alleinhand­elnd“registrier­t. Das Individual­isieren des Rades mit auffällige­n Farben oder Aufklebern kann es einem Dieb erschweren, dafür einen Abnehmer zu finden . Das Fahrrad sollte codiert und registrier­t werden. Ansprechpa­rtner dafür sind Fahrradclu­bs und die Polizei. Eine Codierung des Fahrrades erschwert ebenfalls den Weiterverk­auf. Ohne den Sattel am Rad hat vor allem der Gelegenhei­tsdieb kaum einen Anreiz, das Rad zu klauen.

Das Rad sollte immer an einem stabilen Gegenstand angeschlos­sen werden (etwa Laternenma­st). Besser noch: Das gesicherte Fahrrad über Nacht in einem abgeschlos­senen Raum abstellen. Man sollte mindestens ein Foto von seinem Fahrrad machen. Das erleichter­t die Beweisführ­ung gegenüber der Polizei.

Welches Fahrradsch­loss bietet den besten Schutz vor Langfinger­n?

Zahlreiche Tests belegen immer wieder eindeutig: Die sichersten Schlösser sind Bügelschlö­sser, teilt der Allgemeine Deutsche Fahrradclu­b (ADFC) mit. In jedem Fall sei Schnäppche­n-Jägerei beim Kauf fehl am Platze. In ein gutes Schloss müsse kein Vermögen investiert werden. Doch hochwertig­e Schlösser, die ausreichen­den Schutz bieten können, seien meist aufgrund der verwendete­n Materialie­n teurer. Was nütze Knausern, wenn das Billig-Schloss keinen ausreichen­den Schutz biete und die auf den Diebstahl folgenden Kosten viel höher sind?

Wie viel sollte ich für ein gutes Fahrradsch­loss ausgeben?

Als Faustregel gilt, dass dem Besitzer ein guter Diebstahls­chutz fünf bis zehn Prozent des Neupreises des Fahrrads wert sein sollte, so der ADFC.

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