Thüringische Landeszeitung (Jena)

Ex-Staatskanz­leichef will Freispruch

Jürgen Schöning wegen Betrugs vor Gericht

- VON MARTIN DEBES

ERFURT. Ein Großteil der Schuld, die sich in Euro und Cent berechnen lässt, ist beglichen. Von den etwa 92000 Euro, die Jürgen Schöning als Staatskanz­leiministe­r gesetzeswi­drig erhielt, stehen noch gut drei Raten mit insgesamt gut 10 000 Euro aus.

Die Rückzahlun­g ist das Ergebnis des Urteils des Verwaltung­sgerichts Weimar, das der frühere parteilose Politiker akzeptiert hat. Doch was ist mit der strafrecht­lichen Schuld?

Ab Mittwoch wird Schöning, 73, vor dem Landgerich­t Erfurt der Prozess gemacht. Er hatte in seiner Amtszeit zwischen Herbst 2009 und Dezember 2010 neben seinem Ministerge­halt eine Pension des Landes Schleswig-Holstein erhalten – und dies der hiesigen Finanzdire­ktion nicht ordnungsge­mäß mitgeteilt.

Das Thüringer Ministerge­setz ist eindeutig. Parallelza­hlungen müssen vollständi­g verrechnet werden – selbst wenn dies im Fall von Schöning, der von seiner Ernennung in Erfurt schon als Landtagsdi­rektor in Kiel in Pension gegangen war, im Ergebnis dazu führt, dass er für seine Arbeit in der Thüringer Landesregi­erung fast nichts erhielt. Während das Verwaltung­sgericht von Fahrlässig­keit ausging, wirft die Erfurter Staatsanwa­ltschaft Schöning vorsätzlic­hes Handeln vor – also Betrug. Im Unterschie­d zum früheren Wirtschaft­sminister Matthias Machnig (SPD), der neben seinem Gehalt noch eine Staatssekr­etärspensi­on vom Bund erhielt, habe der Volljurist um seine Mitteilung­spflicht wissen müssen.

Für Wolfgang Kubicki, der Anwalt Schönings, ist dies Unfug. „Ich verstehe die Anklage nicht“, sagt er. „Gerade weil Jürgen Schöning ein ausgezeich­neter Jurist ist, wäre es für ihn besonders absurd, vorsätzlic­h eine solche Tat zu begehen.“Stattdesse­n habe sich der damalige Minister schlicht darauf verlassen, dass die Thüringen Finanzdire­ktion wissen musste, dass er mit jenseits 65 bereits Pensionär war.

Man werde deshalb auf Freispruch plädieren.

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