Thüringische Landeszeitung (Jena)

Ein Hoch auf alle Hebammen

Geburtshil­fe steht vor zahlreiche­n Herausford­erungen von Unterfinan­zierung bis Personalma­ngel

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Katrin Christ-Eisenwinde­r, Gleichstel­lungsbeauf­tragte der Landesregi­erung im Ministeriu­m für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie schreibt zum Leserbrief von Professor Schneider, „Ein Hoch auf Klinikheba­mmen“:

Auch ich spreche ein Hoch aus, aber ein Hoch ausdrückli­ch auf alle Hebammen, egal ob Kreißsaal-, Beleg,- oder freie Hebammen. An oberster Stelle bei der Begleitung von Frauen in Schwangers­chaft, Geburt und Wochenbett steht für alle Hebammen eine profession­elle, individuel­le und respektvol­le Behandlung einer jeden Frau und der Schutz von körperlich­er und seelischer Gesundheit der Mutter und des Kindes.

Natürlich sind die Hebammen in Kreißsälen zu bewundern, dass sie unter den schwierige­n Arbeitsbed­ingungen noch durchhalte­n und ihr Bestes für die werdenden Mütter tun, allerdings können Niedergela­ssene nicht als „Drückeberg­erinnen“oder schlimmste­nfalls als „Pfuscherin­nen“hingestell­t werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass hier ein Berufsstan­d eingeteilt wird in gute und böse Hebammen.

Wir wissen alle, dass die Geburtshil­fe vor zahlreiche­n Schwierigk­eiten und Herausford­erungen steht: KreißsaalS­chließunge­n, massive Einschränk­ungen von Beleghebam­men, Unterfinan­zierung, wachsender Personalma­ngel, steigende und sich verändernd­e Bedarfe und vieles mehr.

Deshalb brauchen wir ein Umdenken. Dazu gehört, dass Gesundheit­spolitik nah an den Bürgerinne­n und Bürgern gemacht wird, dass Bedarfe erkannt und vor allem adäquat erfüllt werden können. Aus diesem Grund sitzen seit Dezember 2015 viele Fachfrauen und Fachmänner am Runden Tisch des Thüringer Ministeriu­ms für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen zu den Themen Hebamme und Geburtshil­fe zusammen, wo genau dieses und auch anderes besprochen und verändert wird. Im Besonderen hat der Runde Tisch sich zur Verbesseru­ng der Situation der angestellt tätigen Hebammen dafür ausgesproc­hen, dass zukünftig ein Personalsc­hlüssel für Hebammen den Klinken vorgegeben wird und dass landesrech­tliche Regelungen im Sinne guter Arbeitsbed­ingungen für Hebammen und einer wohnortnah­en Versorgung mit Hebammenle­istungen überprüft und getroffen werden. Ich verweise auf die Pressemitt­elung der Gesundheit­sministeri­n vom 21. April 2017.

Im Zusammenha­ng mit dem Leserbrief von Professor Schneider möchte ich aber noch auf Folgendes hinweisen: Es ist das Recht jeder Frau, an einem von ihr selbstgewä­hltem Ort zu gebären und es muss ihr ein ausreichen­des Angebot an Betreuungs­möglichkei­ten zur Verfügung stehen.

Werte, Entscheidu­ngen und Selbstbest­immung der Frauen sind zu respektier­en. Alle haben das Recht und den Anspruch darauf, nachvollzi­ehbare Aufklärung und ausreichen­de Informatio­nen einzuforde­rn, um diese Art der Selbstbest­immung auch umfassend und abwägend realisiere­n zu können. Das leisten Hebammen, egal ob im Kreißsaal oder in einer Niederlass­ung.

Den Ort der Niederkunf­t dürfen Frauen frei wählen

 ??  ?? Eine Hebamme hört in ihrer Praxis mit einem CTG die Herztöne eines Ungeborene­n ab. Geburtshil­fe wird von Kreißsaal-, Beleg,- oder freie Hebammen geleistet – und Frauen haben im besten Fall die Wahl zwischen Klinik- und Hausgeburt. Foto: Uli Deck
Eine Hebamme hört in ihrer Praxis mit einem CTG die Herztöne eines Ungeborene­n ab. Geburtshil­fe wird von Kreißsaal-, Beleg,- oder freie Hebammen geleistet – und Frauen haben im besten Fall die Wahl zwischen Klinik- und Hausgeburt. Foto: Uli Deck

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