Thüringische Landeszeitung (Jena)
Nun müssen die Asse bei der Schwimm-WM stechen
Die Deutschen sind ernüchtert in die Titelkämpfe in Budapest gestartet. Den Kandidaten für Tokio 2020 fehlt Erfahrung
BUDAPEST. Henning Lambertz, der Chef-Bundestrainer des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV), steht unter Druck. Zweimal in Serie war die einst große Schwimm-Nation Deutschland bei Olympischen Spielen, 2012 in London und 2016 in Rio de Janeiro, ohne eine Medaille nach Hause gefahren. Für die WM in Budapest, bei der am Sonntag die Beckenwettbewerbe begannen, hat Lambertz keine Medaillenprognose abgegeben.
Der erste Tag verlief wenig verheißungsvoll: Nur Aliena Schmidtke aus Magdeburg kam am Morgen in den Vorläufen weiter. Aber auch sie schied am Abend im Semifinale über 100 Meter Schmetterling in persönlicher Bestzeit von 57,87 Sekunden als Zehnte aus. Ein Zeichen, dass es um das deutsche Schwimmen nicht gut bestellt ist, zeigt diese Bilanz: Weit über 100 Schwimmer gingen am Sonntagabend bei der Abendveranstaltung an den Start und wurden von mehr als 10 000 Zuschauern in der Duna-Arena frenetisch angefeuert. Deutschland war nur durch Aliena Schmidtke vertreten. Auf einen Start der beiden 4 mal 100-Meter-FreistilStaffeln hatte der Verband wegen fehlender Chancen auf das Finale schon vorher verzichtet.
Als Lambertz am Sonntagmorgen nach den Vorläufen in den Katakomben der Duna-Arena von den Journalisten gefragt wurde, ob er sehr unzufrieden über das Abschneiden wäre, verzog er das Gesicht und antwortete: „Leute, das war der erste Tag. Von vier deutschen Schwimmern waren drei noch nie bei einer WM dabei. Da reden wir nicht von negativen Dingen.“
Während Aliena Schmidtke bei ihrer gelungenen WM-Premiere direkt ins Halbfinale kam, schieden die beiden weiteren Debütanten aus. Der Essener Poul Zellmann wurde über 400 Meter Freistil 20. in 3:50,88 Minuten und war damit über drei Sekunden langsamer als bei seinem Sieg bei den Deutschen Meisterschaften vor fünf Wochen. Zellmanns Vereinskollege Damian Wierling schied über seine Nebenstrecke 50 Meter Schmetterling als 28. in 24,09 Sekunden aus. Und auch für Christian vom Lehn war als 25. in 1:00,60 Minuten nach dem Vorlauf Schluss. Vor fünf Wochen war der Wuppertaler über eine Sekunde schneller.
„Unser Problem ist: Das Grundniveau ist nicht hoch genug. Daran müssen wir arbeiten. Das kommt nicht durch Fingerschnippen“, sagte Lambertz. Eine Maßnahme des Bundestrainers vor der WM: Heraufsetzen der Normen. Bei der DM erfüllten nur drei Schwimmer die Richtzeit, die der Leistung des Olympia-Achten von 2016 entspricht. Da Lambertz aber alles schon auf Tokio 2020 ausgerichtet hat, gab es weichere Normen für U23-Schwimmer wie die 21jährigen Zellmann und Wierling. So besteht das DSV-Team in Budapest aus 14 Sportlern. Vor zwei Jahren waren es 31.
Jetzt müssen die deutschen Asse stechen: Franziska Hentke und Philip Heintz gehen am Mittwoch als Weltjahresbeste ins Becken. Und auch Titelverteidiger Marco Koch ist für die 200 Meter Brust optimistisch: „Bei mir rutscht es wieder.“