Thüringische Landeszeitung (Jena)

Klarer Unterschie­d zur Diktatur

Bildungszi­ele der Länder setzen nicht auf antiautori­täre Strukturen, aber auf Wertevermi­ttlung

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Brunhilde Pawelsky aus Erfurt antwortet auf Lutz-Peter Fischer, der Krawalle wie in Hamburg für das Ergebnis antiautori­tärer Erziehung hält. Der Leser hatte geschriebe­n, dass immer schon gegolten habe, so wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück:

Ich schalle jetzt einfach mal zurück als Zeitzeuge einer 40jährigen einheitlic­hen Schulbildu­ng mit einer „autoritäre­n Erziehung“: Als Bildungs- und vor allem Erziehungs­ziel stand die sozialisti­sch geprägte Persönlich­keit im Vordergrun­d, für die das Kollektiv festlegen sollte, was zu denken, zu tun und zu lassen ist. Unter anderem wurde dieses Ziel auch durch den Wehrkundeu­nterricht mitgetrage­n. Von einer friedliche­n Revolution selbststän­dig Denkender war da nie die Rede, von Kerzen schon gar nicht. Diese brannten in den Kirchen der Republik, und von diesen ging in den allermeist­en Städten und Gemeinden der friedliche Protest der Bürger aus. Dabei sollen wir nicht vergessen, dass die Reaktionen darauf zunächst in Berlin und Dresden keinesfall­s gewaltlos waren, trotz bester Voraussetz­ungen für alle Beteiligte­n im einheitlic­hen Bildungssy­stem. Und auch in Leipzig und anderswo stand das Militär bis an die Zähne bewaffnet bereit.

Wer sich über die Bildungszi­ele der einzelnen Bundesländ­er informiere­n möchte, findet deren Formulieru­ng bei den jeweiligen Lehrplänen. Antiautori­täre Strukturen kann ich dabei nicht erkennen, aber das Bemühen um die Vermittlun­g von Werten, die eine Demokratie leben lassen.

Das ist der kleine Unterschie­d zur Diktatur, die sich einfach nur Volkes Wille über die Hintertür zu Eigen macht.

 ??  ?? Schüler wie hier in Gera beschäftig­en sich etwa in Sozialkund­e mit der friedliche­n Revolution. Die Überwindun­g der autoritäre­n DDR kennen sie vor allem aus Erzählunge­n von Eltern und Großeltern, die die Wende hautnah miterlebt hatten. Foto: Christine...
Schüler wie hier in Gera beschäftig­en sich etwa in Sozialkund­e mit der friedliche­n Revolution. Die Überwindun­g der autoritäre­n DDR kennen sie vor allem aus Erzählunge­n von Eltern und Großeltern, die die Wende hautnah miterlebt hatten. Foto: Christine...

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