Thüringische Landeszeitung (Jena)

Ramelow lobt Schloss-Fördervere­in

Der Ministerpr­äsident besucht das Neue Jagdschlos­s Hummelshai­n – Künftige Nutzung noch unklar

- VON KATJA DÖRN

HUMMELSHAI­N. Rainer Hohberg schwärmt. Die Bauweise des Jagd- und Residenzsc­hlosses Hummelshai­n nach neogotisch­em Stil war für die Zeit wegweisend, die Originalsu­bstanz ist noch vorhanden. Doch da schreitet Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) ein. „Es ist doch auch erst über 100 Jahre alt“, sagt er.

Um die Szene zu verstehen, muss man die Sichtweise­n beider Akteure verstehen. Rainer Hohberg, Vorsitzend­er des Fördervere­ins Schloss Hummelshai­n, macht sich in vielen ehrenamtli­chen Stunden für den Erhalt der einstigen Residenz für Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg stark. Für ihn, die anderen Vereinsmit­glieder und die Bewohner des Ortes ist es wahrlich ein einzigarti­ger Bau. Wer zum ersten Mal vor dem märchenart­ig anmutenden Schloss steht, kann das sehr gut nachfühlen. Für Bodo Ramelow, gestern auf Sommertour im Saale-Holzland-Kreis, ist das Neue Schloss Hummelshai­n aber auch eines von vielen in Thüringen. Am Montag besuchte er erst das Jagdschlos­s „Fröhliche Wiederkunf­t“in Trockenbor­n-Wolfersdor­f – erbaut 1550. Daher sein Einwand, dass die Originalsu­bstanz des gut 300 Jahre jüngeren Hummelshai­ner Schlosses selbstrede­nd besser sein muss.

Dennoch: Dem Neuen Schloss Hummelshai­n geht es nicht gut, das weiß auch der Ministerpr­äsident. Das Dach ist undicht, die Dachrinne brüchig und das Mauerwerk dadurch feucht.

Durch eine vom Fördervere­in veranlasst­e Bauzustand­suntersuch­ung kamen die vermuteten Schäden ans Tageslicht. Und ohne Hohberg und seine Mitstreite­r würde das Jagd- und Residenzsc­hloss ohnehin verfallen. Auch das weiß Ministerpr­äsident Ramelow. „Ich würde mir wünschen, dass es noch mehr solcher Akteure gibt“, sagte er. In Thüringen sei es einmalig, wie sich der Fördervere­in für den Erhalt einsetzt.

Denn nicht der Besitzer des Schlosses, sondern der Fördervere­in investiert unzählige Stunden, um Anträge zu schreiben und für Aufmerksam­keit zu werben für den historisti­schen Bau. Vor zwei Jahren schlossen die Vereinsmit­glieder mit dem Besitzer Lutz Rothe einen Vertrag, der es ihnen erlaubt, als Bauherr Sanierungs­arbeiten in Auftrag zu geben und im Schloss Veranstalt­ungen durchzufüh­ren.

Jüngst glückte der größte Coup: Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters (CDU) bewilligte knapp 109 000 Euro für Sanierungs­arbeiten im Rahmen des Programms „National wertvolle Kulturdenk­mäler“. Als ein solches Baudenkmal von nationaler Bedeutung wurde das Jagd- und Residenzsc­hloss erst im Frühjahr eingestuft.

„Es war ein Gefecht“, erinnert sich Bundestags­abgeordnet­er Albert Weiler (CDU) an die Fördermitt­el-Verteilung. Er habe Grütters gedrängt, Gelder nach Thüringen zu geben – so auch nach Trockenbor­n-Wolfersdor­f. „Wir brauchen trotzdem noch mehr Geld von Bund und auch dem Land“, sagt er, „damit das Märchensch­loss wieder ein Märchensch­loss wird.“

Einzigarti­ge Konstellat­ion hervorgeho­ben

Die Dachsanier­ung beginnt im Oktober

Das Land Thüringen hatte schon im vergangene­n Jahr 74 000 Euro für die Sanierung einsturzge­fährdeter Bereiche am Schloss bewilligt.

Ab 1. Oktober, berichtet Rainer Hohberg, sollen nun die Sanierungs­arbeiten am Dach beginnen. „In den nächsten sechs Jahren soll das Schloss grundhaft durchsanie­rt werden“, sagt er. Ramelow freut das, stellt aber auch die Frage der künftigen Funktion. „Wir müssen Stabilität hineinbeko­mmen“, sagt er mit Blick auf den Schlosseig­entümer Lutz Rothe, der am Montag mit durch die Räume führte. Rothe konnte den Kaufpreis nie vollständi­g bezahlen, ging bankrott, stand wegen der Vorwürfe der Steuerhint­erziehung und Konkursver­schleppung mehrfach vor Gericht und blieb viele Investitio­nsversprec­hungen schuldig. „Ihre Träume sind nicht aufgegange­n“, sagte Ramelow mit Blick auf Rothe, der nickend den Kopf senkte.

Trotz aller Diskrepanz­en arbeitet der Fördervere­in eng mit dem Schlossher­ren zusammen. Beide Seiten brauchen sich. Und auch Ramelow weiß

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Das Jagdschlos­s Hummelshai­n ist für Fotografen und andere Besucher eine Augenweide. Jetzt soll es saniert werden. Archivfoto: Dieter Urban

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