Thüringische Landeszeitung (Jena)
Sachlich und leidenschaftlich
Der Jenaer Einfluss in Stadtroda wächst. Cheftrainer Steffen Richter holte den ExZwätzener Peter Dauel als Assistent
STADTRODA. Wenn die Fußballer von Grün-Weiß Stadtroda beim Vier-gegen-zwei versuchen den Ball abzufangen, erinnert das Ganze mitunter an den Mythos vom Sisyphos. Doch während der in der griechischen Mythologie beheimatete König von Korinth tagtäglich einen Stein gen Bergspitze malochte, der dann in schöner Konsequenz wieder gen Tal rollte, ist es bei den Kickern von Steffen Richter das runde Leder, das die Absurdität des kickenden Dasein widerspiegelt. Denn jene, die da im innersten des Kreises agieren, rennen manchmal über weite Strecken vergebens. Sie bekommen das Leder schlichtweg nicht zu fassen, rennen engagiert von A nach B nach C nach D und kommen dann doch einen Tick zu spät. Ergo: Sisyphosarbeit.
„Mann!“, gibt schließlich irgendwann ein leicht entnervt wirkender Tom Hellmuth von sich, als am Dienstag während besagtem Vier-gegen-zwei der Ball schneller ist als er. Doch dafür kann der Ball ja nichts, verantwortlich sind seine Teamkollegen, die ihn im Kreise umschließen und sich das widerspenstige Objekt der kickenden Begierde schnell und mit reichlich Esprit zuspielen. Da darf man, wenn man denn in der Manege feurig tanzt, auch schon einmal etwas Frust schieben. Es wird nicht das einzige „Mann!“von Tom Hellmuth in diesem Durchgang bleiben, der nun zum Kader von Grün-Weiß Stadtroda gehört. Der 23-Jährige kommt von Germania Ilmenau II und ist in Sachen Fußball im Mittelfeld beheimatet.
In dem zweiten Kreis, in dem ebenfalls jenes fiese Vier-gegenzwei gespielt wird, geht indes Marian Rennert seinem FußballTagwerk nach. Er ist ebenfalls neu in den Reihen der Kicker aus der Landesklasse, die die vergangene Saison auf Platz 3 beendeten. Der 21-jährige Defensivakteur gehörte mit zum Personal des SV Schott Jena. Sein
Bruder Ma wechselte na dem freiwill gen Abstieg de Glaswerker in die Thüringenliga indes zu Eintracht Eisenberg.
„Es ist mal w der soweit.“M nem schönen meinschauplatz, der auch Weihnachten, Ostern, Schulbeginn oder eine Kirmes einläuten könnte, begrüß nun Trainer Steffen Richter die Seinigen am Dienstag auf dem Kunstrasen im Roda-Stadion. Natürlich spielen jene Worte, die da am Anfang der kleinen Rede von eben Steffen Richter stehen, auf die Vorbereitung an. Richter kredenzt sie mit einem süffisanten Grienen im Gesicht. Dabei hat er seine Hände in die Hüften gestemmt, was dem Trainer die Aura des Tatkräftigen, des durch und durch Entschlossenen verleiht. Doch bei allen Gebaren wird vor allem eines deutlich: der Coach freute sich wahrlich darüber, seine Pappenheimer wiederzusehen.
Zu seiner Linken wiederum steht während seiner Ansprache seine neue rechte Hand, Corainer Zwei Seiten der Roda-Medaille: Trainer Steffen Richter (li.) und Co-Trainer Peter Dauel.
Peter auel. „Ich bin r der sachliche Peter eher der leidenschaftliche“, stellt der Grün-WeißCoach seinen Sozius vor. Sie werden sich wohl – mit Blick auf die Dialektik der beiden Mentalitäten – künftig an der Außenlinie sehr gut ergänzen, frohlockt Steffen Richter.
Peter Dauel nun kennt Steffen Richter bereits seit Kindheitstagen, war er doch der beste Freund von Richters großem Bruder. Und so nennt Dauel Richter, fast schon liebevoll, „Richtus“. Davon einmal abgesehen leitete er als Teil eines Trainergespanns von 2015 bis 2017 die Geschicke von JenaZwätzen. „Nach 14 Jahren als Trainer habe ich dann einfach einmal eine Pause benötigt. Man richtet ja sein ganzes Leben danach, gleich ob Urlaub oder Freizeit“, sagt der 38-Jährige, dem man die Worte nicht aus der Nase
ziehen muss. Er gibt sich äußerst kommunikativ, was womöglich auch seinem Beruf geschuldet ist, arbeitet er doch als persönlicher Referent für den Bundes- und auch den Landtag. Pressearbeit ist ihm also nicht gänzlich fremd. Steffen Richter habe schon vor einem Jahr bei ihm angefragt, berichtet der neue Co-Trainer. Damals habe er jedoch noch abgewunken. Während der vergangenen beiden Monate hätten sich die Gespräche zwischen den beiden hinsichtlich des neuen Amtes jedoch intensiviert. „Am Ende habe ich mich dann doch dafür entschieden, zumal es eine junge, eine ambitionierte Mannschaft ist“, sagt Peter Dauel, der auch von dem Sportareal von GrünWeiß begeistert ist. In Zwätzen hätte man im Winter nicht trainieren können, berichtet der studierte Betriebswirt, der auch berichtet, dass er nach der langen Zeit bei eben Zwätzen irgendwann schlichtweg betriebsblind gewesen sei. Der Verhältnis zu vielen Spielern sei dann eher von freundschaftlicher Natur gewesen, was nicht immer von Vorteil sei. „Hier ist das jetzt anders. Das macht auch den Reiz mit aus“, erläutert der Co-Trainer, der bereits mit 23 Jahren wegen einer Fehlstellung im Knie die Fußballschuhe an den Nagel hängen musste und sich seitdem als Trainer verdient.
Sein erster Eindruck von der Mannschaft sei vielversprechend. „Ich möchte mit Steffen eine gute Mannschaft formen, die ein Wörtchen in der Liga mitzureden hat“, sagt Peter Dauel, der mit einem Platz auf dem Podest bei der Endabrechnung liebäugelt – wenn auch unter Vorbehalt. Es sei noch zu früh, sich diesbezüglich festzulegen. „Doch wir haben zweifelsohne Potential. Wir wollen an die beiden vorangegangenen Spielzeiten anknüpfen“, schiebt der CoTrainer entschlossen hinterher.
Beim Trainingsauftakt am Dienstag sind naturgemäß noch nicht alle Grün-Weiß-Protagonisten mit von der Partie. So fehlt unter anderem Kapitän Karl Grohs. Und Tom Hellmuth. Der hat den Ball natürlich irgendwann noch zu fassen bekommen. Er wirkte dann auch etwas erleichtert, als er denn nicht mehr in der Mitte beim Vier-gegen-zwei, zumindest zeitweilig, herumeilen musste. Vielleicht war es ja doch keine Sisyphosarbeit. Und wenn doch, ist es auch nicht weiter tragisch. Schließlich solle man sich Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen, der in seinem Tun mit dem Stein – seinem Fußball – Sinn und Erfüllung findet. Das hat zumindest Albert Camus gesagt, seines Zeichens Philosoph, Literaturnobelpreisträger und Torwart.