Thüringische Landeszeitung (Jena)
... der Rasierpinsel
Tausendmal gesehen, tausendmal benutzt – viele Dinge im Haushalt erscheinen uns ganz selbstverständlich. Doch es lohnt sich, sie einmal genauer zu betrachten. Was hält wohl der Dachs davon, dass seine Grannenhaare von China, Schweden und der Schweiz aus in alle Welt exportiert werden, um Pinsel daraus zu fertigen? Neben Werkzeugen, die zum Feinvertreiben von Lasuren eingesetzt werden, ist es vor allem der Rasierpinsel, in dem die groben, markhaltigen Haare Verwendung finden.
Das Utensil, das man zum Aufschäumen und Auftragen von Rasiercreme für die Nassrasur benötigt, blickt auf eine nicht sonderlich umfang-, dafür aber wendungsreiche Geschichte zurück: Erst Mitte des 18. Jahrhunderts kamen Menschen auf die Idee, den Schaum nicht einfach mit der Hand herzustellen, sondern in Töpfen. In England löste dies einen Kulturkampf aus, den der britische Autor Benjamin Kingsbury in der seinerzeit populären „Abhandlung über Rasiermesser“(1797) ansprach.
Mit der Einführung von elektronischen Rasierapparaten und der Entwicklung von Rundumlösungen wie dem Rasierschaum aus der Aerosoldose geriet der Rasierpinsel, den Dachsfreunde übrigens auch mit Wildschweinborsten, Pferdehaar oder aber synthetischen Fasern bekommen, für eine Weile aus der Mode. Die Hipster-Bewegung, die hingebungsvolle Bartpflege zum Bestandteil ihrer Hygiene machte, verhalf dem Pinsel jedoch überraschend zum Glanz eines Luxusprodukts: Längst gibt es Exemplare, die mit mehreren Hundert Euro zu Buche schlagen. (fr)